US-JustizTexas richtet Häftling hin, weil er schwarz ist
Heute will Texas den Mörder Duane Edward Buck exekutieren. Sein Todesurteil kam zustande, weil ein Psychologe ihn als «zukünftige Gefahr» einstufte - aufgrund seiner Hautfarbe.
Am heutigen Donnerstag, den 15. September, schlägt Duane Edward Bucks letzte Stunde. Der 48-Jährige ist der elfte Häftling, dem der US-Bundesstaat Texas in diesem Jahr das Leben nehmen will. Doch obwohl der Mann einen Doppelmord begangen hat, hagelt es Kritik an der Entscheidung der Justiz: Das Todesurteil kam nur zustande, weil vor Gericht der «Rassenfaktor» zur Sprache kam und ein Psychologe Buck deswegen eine «gesteigerte zukünftige Gefahr» attestierte.
Rassen-Psychologie
Die Tragödie begann am 30. Juli 1995 in Houston. Duane Edward Buck stand unter Drogeneinfluss, als er seine Ex-Freundin Debra Gardner und ihren Freund Kenneth Butler umbrachte. Die Freundin hatte Buck eine Woche zuvor verlassen. Ausserdem schoss er der eigenen Stiefschwester Phyllis Taylor in die Brust. Seine Schuld stand eindeutig fest, als es 1997 zum Prozess kam. Texas war in der Verhandlung durch Generalstaatsanwalt John Cornyn vertreten, der beweisen wollte, dass der Häftling eine zukünftige Gefahr darstellt. Nur dann kann gegen einen Verbrecher die Todesstrafe verhängt werden.
Cornyn holte 1997 den Psychologen Dr. Walter Quijano in den Zeugenstand, um ihn nach dem Gemüt des Angeklagten zu befragen. Der Mediziner sagte zwar aus, dass Buck wohl nicht gefährlich sei, weil er keine Vorstrafen habe, berichtet die «Los Angeles Times». Dann aber fragte der Staatsanwalt nach dem «Rassenfaktor» und ob Bucks Hautfarbe «zukünftige Gefährlichkeit erhöhen» würde. Dr. Walter Quijanos antwortete mit Ja. Es ist nicht der einzige skandalöse Fall, in dem das Duo Cornyn-Quijanos Todesstrafen gegen Schwarze erwirkt.
Sieben Fehlurteile, sechs Revisionen
Erst im Jahr 2000 kümmerte sich der Oberste Gerichtshof um die «Rassen-Urteile» und ordnete wegen der unerlaubten Frage nach der Hautfarbe Revisionen an. «Es ist unangebracht, die Rasse als Faktor in unserem Justizsystem zuzulassen», sagte Cornyn nun, der in die Politik gewechselt hatte. «Die Leute in Texas wollen und verdienen ein System, dass jedem dieselbe Fairness zugesteht.» Von sieben Prozessen mit Todesurteilen wurden sechs neu verhandelt. Nur die Strafe von Duane Edward Buck kam nicht wieder auf den Prüfstand: Cornyns Nachfolger lehnte eine Revision ab.
Je näher der Exekutionstermin rückte, desto grösser wurden die Anstrengungen für Gerechtigkeit im Fall Buck. Erst wandte sich Halbschwester Phyllis Taylor an Texas' Gouverneur Rick Perry, um eine Aufschiebung der Hinrichtung zu erreichen. Sie habe dem Schützen verziehen und wünsche sich eine lebenslange Haftstrafe für den Täter statt den Tod. Auch eine Prozess-Ermittlerin meldete sich zu Wort: Linda Geffin hatte 1997 als Cornyns Assistentin gearbeitet und wandte sich schriftlich an die zuständige Beschwerdestelle. Sie forderte die Behörden auf, den Fall wegen der Rassenfrage neu aufzurollen, doch das «Texas Board of Pardons and Paroles» weigerte sich, dem Gouverneur eine Aufschiebung zu empfehlen, so der «Houston Chronicle».
235 Exekutionen in Perrys Amtszeit
Wenn schon Opfer und Ermittler mit ihren Einsprüchen nichts erreichen können, kämpft auch Bucks Anwältin auf verlorenem Posten. «Niemand sollte exekutiert werden aufgrund eines Prozesses, der von Rassenüberlegungen befleckt ist», sagte Kate Black der «Los Angeles Times». «Die Entscheidung, ob Mister Bucks Exekution stattfinden wird, liegt voll und ganz bei Gouverneur Perry, der die Möglichkeit eines 30-Tage-Aufschubs hat.» Doch der Republikaner mit Ambitionen auf das Präsidentenamt weilt derzeit gar nicht in Texas. Vielleicht ist das besser so: Unter seiner elfjährigen Ägide richtete der Staat 235 Menschen hin.
In Perrys Abwesenheit hat Vize-Gouverneur David Dewhurst das letzte Wort. Der Republikaner kandidiert gerade für den frei werdenden Sitz des Senators von Texas im US-Kongresses. Das Schicksal von Duane Edward Buck dürfte damit besiegelt sein.