Krieg in LibyenHunderte Menschen verschwunden
In den letzten Monaten sind in Libyen zahlreiche Menschen verschwunden. Das teilen Menschenrechtsexperten mit. Ausserdem hat die NATO nun das Kommando des Einsatzes übernommen.
Die Situation am Donnerstagmorgen:
Die internationale Allianz zur Durchsetzung des Flugverbots über Libyen hat ihre Angriffe auch in der fünften Nacht in Folge fortgesetzt. Wie der arabische Sender Al- Dschasira aus Tripolis berichtete, waren um Mitternacht Explosionen im Südwesten der Stadt zu hören.
Unklar war zunächst, was das Ziel der Attacken in der libyschen Hauptstadt war. Wie eine Al-Dschasira-Korrespondentin berichtete, erschütterten die Explosionen den Süden und Südosten der Stadt. Auf Fernsehbildern war Luftabwehrfeuer der Truppen des libyschen Machthabers Muammar Gaddafi zu sehen.
Auch von Stützpunkten der libyschen Armee ausserhalb von Tripolis wurden heftige Detonationen gemeldet. Augenzeugen berichteten, auf der Militärbasis von Tajura, rund 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, seien Flammen zu sehen.
Im Staatsfernsehen hiess es unter Berufung auf Armeeangaben, das westliche Kriegsbündnis habe zivile und militärische Ziele in Tajura angegriffen. Ausserdem habe es Angriffe auf Jafar, 100 Kilometer südwestlich von Tripolis, gegeben. Dabei seien auch zivile Einrichtungen ins Visier genommen worden.
Misrata unter Panzerbeschuss
Aus Misrata wurden schwere Kämpfe zwischen Gaddafis Soldaten und Aufständischen gemeldet. Bewohner berichteten dem US-Sender CNN, dass am Mittwochabend auch das Spital der Stadt angegriffen worden sei. Panzer hätten die Klinik beschossen, zwei Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein.
«Panzer kommen immer näher an das Krankenhaus heran und nehmen die Gegend unter Beschuss», sagte ein Arzt am Telefon, bevor die Leitung nach kurzer Zeit wieder unterbrochen war.
Die libysche Regierung wies unterdessen Vorwürfe zurück, wonach Misrata gezielt von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten worden sei. Es handle sich lediglich um ein technisches Problem, das von den Schäden durch die Kämpfe und Plünderungen verursacht worden sei, erklärte Vize-Aussenminister Chaled Kaim.
Luftwaffe ausgeschaltet
Die internationale Koalition kündigte an, die Angriffe auf die Gaddafi-Truppen bei Misrata und der ebenfalls heftig umkämpften Stadt Adschdabija zu verstärken.
Die Koalition konzentriere ihre Angriffe unter anderem auf motorisierte Einheiten Gaddafis, Boden-Luft-Raketenstellungen und darauf, Kommunikationslinien zu kappen, sagte US-Konteradmiral Gerard Hueber. Gaddafis Luftwaffe sei nicht mehr einsatzfähig. «Die Flugzeuge wurden entweder zerstört oder flugunfähig gemacht.»
Zuvor hatte bereits der Kommandeur der britischen Luftstreitkräfte, Greg Bagwell, gesagt, die libysche Luftwaffe sei «keine kämpfende Kraft mehr». Die Flugzeuge der Alliierten könnten nahezu ungestört im Luftraum über Libyen operieren und die Flugverbotszone überwachen.
NATO weiter uneins
Auch Tage nach dem Beginn des Militäreinsatzes in Libyen konnten sich die NATO-Staaten immer noch nicht auf eine Übernahme des Kommandos einigen. Es seien noch überhaupt keine Entscheidungen getroffen worden, sagte ein Diplomat am Mittwochabend. Unter anderem gebe es Uneinigkeit über den Umfang des Einsatzes.
Vertreter der NATO-Staaten ringen seit drei Tagen um eine Einigung. Vor allem die Türkei ist dagegen, dass die NATO die Führung des seit Samstag laufenden Einsatzes ergreift. Notwendig ist eine Zustimmung aller 28 NATO-Staaten.
Die Angriffe gegen die Einheiten von Machthaber Muammar Gaddafi finden gegenwärtig unter der Führung der USA statt. Die an dem Einsatz beteiligten Länder wollen nun in der kommenden Woche über die nächsten politischen Schritte beraten. (sda/dapd)