Ungarn gleitet nach rechts ab

Aktualisiert

MachtwechselUngarn gleitet nach rechts ab

Bei der Parlamentswahl in Ungarn hat die konservative Fidesz-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Viktor Orban einen klaren Sieg errungen. Damit steht das wirtschaftlich angeschlagene EU- Mitgliedsland vor einem Rechtsruck.

Viktor Orban mit seiner Tochter Rahel: Ungarn gleitet nach Rechts ab.

Viktor Orban mit seiner Tochter Rahel: Ungarn gleitet nach Rechts ab.

Die Rechte hat in Ungarn am Sonntag die Parlamentswahlen klar für sich entschieden. 52,8 Prozent der Wähler stimmten für den rechts-konservativen Bund Junger Demokraten (FIDESZ), teilte die Landeswahlkommission (OVB) am Sonntagabend nach Auszählung fast aller Stimmen mit.

Die regierende Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) kam auf nur 19,3 Prozent der Stimmen. Die rechtsextreme Jobbik (Die Besseren) zog mit 16,7 Prozent erstmals ins Parlament ein. Auch die links-ökologische Partei «Politik kann anders sein» (LMP) schaffte mit 7,4 Prozent erstmals den Sprung in die Volksvertretung.

Mögliche Zweidrittelmehrheit

FIDESZ-Chef Viktor Orban kehrt damit nach acht Jahren in der Opposition wieder an die Macht zurück. Fidesz-Chef Orban sagte vor jubelnden Anhänger, das Ergebnis zeige, dass die ungarische Bevölkerung Arbeit und Ordnung wolle. «Ich weiss, ich habe die grösste Aufgabe meines Lebens vor mir», sagte Orban.

Er hatte mit seinen populistischen Wahlversprechen den Nerv vieler Bürger getroffen. Im Wahlkampf versprach der konservative Politiker, er wolle die ungarische Wirtschaft «wieder auf Vordermann bringen», im Gesundheitssystem für Ordnung sorgen und für die öffentliche Sicherheit garantieren.

Nach Berechnungen der Wahlforscher könnte der FIDESZ im neuen 386- sitzigen Parlament nicht nur über die absolute Regierungsmehrheit verfügen, sondern sogar über eine Zweidrittelmehrheit. Die Jungdemokraten kämen demnach am Ende auf 260 bis 270 Mandate - 258 wären für die Verfassungsmehrheit nötig.

Klarheit darüber wird aber erst nach der zweiten Wahlrunde in zwei Wochen (25. April) herrschen. Diese findet nur in jenen Einzelwahlkreisen statt, in denen es am Sonntag keinen klaren Sieger gab. In Ungarn werden sowohl Parteilisten als auch Direktkandidaten gewählt.

Sozialisten abgestraft

Der Erdrutschsieg der Rechten zeichnet die politische Landschaft im Donauland neu. Neu im Parlament vertreten sein wird mit einer fast 30-köpfigen Fraktion die rechtsextreme Jobbik, die mit ihrer Hass-Rhetorik gegen die Roma und die politische Elite auch die Stimmen vieler Enttäuschten einsammelte.

Das rechts-liberale Ungarische Demokratische Forum (MDF) und der liberale Bund Freier Demokraten (SZDSZ), die als Schlüssel-Akteure der demokratischen Wende vor 20 Jahren seitdem in jeder Legislaturperiode über eine eigene Parlamentsfraktion verfügten, sind nunmehr Geschichte.

Die Sozialisten wurden von den Wählern offensichtlich für ihr in den letzten Jahren zum Teil chaotisches Regieren, für sprungartige Reform- und Sparmassnahmen und ausufernde Korruptionsskandale abgestraft.

Sparkur

Erst vor eineinhalb Jahren musste Ungarn mit Krediten des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der EU vor der Pleite bewahrt werden. Die Minderheitsregierung des scheidenden Ministerpräsidenten Gordon Bajnai verordnete dem Land deshalb eine Sparkur: die Steuern stiegen, Regierungshilfen sanken.

Zwar konnte das immense Staatsdefizit durch die Einsparungen der öffentlichen Ausgaben gedrosselt werden. Die Einschnitte, die die Wähler im täglichen Leben spüren, sorgen aber für Zulauf bei den rechten Parteien.

Rund 8,3 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung betrug 64,3 Prozent und lag damit um 0,1 Prozentpunkte unter der vor vier Jahren.

(sda)

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