Europa friertZahl der Kältetoten steigt auf über 500
Die anhaltende Kälte in Europa lässt die Opferzahlen weiter nach oben schrauben. Am schlimmsten ist die Lage in der Ukraine. Dort will man allerdings keine Zahlen mehr bekannt geben.
Die Kältewelle hält Europa weiter fest im Griff. In der Ukraine tobte ein Schneesturm auf der Halbinsel Krim am Schwarzen Meer. In mehr als hundert Ortschaften fiel deswegen stundenlang der Strom aus, wie das Zivilschutzministerium in Kiew am Donnerstag mitteilte.
Mittlerweile wurden in Europa mehr als 500 Kältetote gezählt. Die ukrainischen Behörden geben seit Dienstag keine neuen Zahlen mehr heraus, doch hat das Land die mit Abstand meisten Opfer zu beklagen.
Polen meldete bis Donnerstag 77 Kältetote. Mehr als 50 Menschen starben zudem wegen defekter Öfen an Kohlenmonoxidvergiftung oder verbrannten in durch Öfen ausgelösten Bränden.
Mehr als 70 000 Menschen waren am Donnerstag noch in Serbien, Kroatien, Bosnien, Mazedonien und Montenegro von der Aussenwelt abgeschnitten. In der bosnischen Stadt Mostar waren rund 15 000 Haushalte den dritten Tag in Folge ohne Strom.
Schneekettenpflicht in Rom
Italien bereitete sich am Donnerstag auf eine weitere Kältewelle vor. Bereits für den Abend sagten die Meteorologen Eisstürme im Norden des Landes voraus. Viele Einwohner reagierten mit Hamsterkäufen, das Rathaus liess 4000 Schaufeln verteilen.
Diesmal sei Rom vorbereitet, sagte Bürgermeister Gianni Alemanno. Am vergangenen Wochenende hatten Eis und Schnee ein Verkehrschaos in der Hauptstadt verursacht. Alemanno ordnete an, dass am Freitag und Samstag in Rom nur Autofahrer unterwegs sein dürfen, die Schneeketten dabei haben.
Selbst Nordafrika wird von der Kältewelle zunehmend in Mitleidenschaft gezogen. Allein in Algerien starben innert einer Woche 44 Menschen bei Unfällen oder weil sie mit behelfsmässigen Methoden zu Hause für Wärme sorgen wollten und erstickten.
Kein Gips mehr
Ungewöhnliche Folgen hatte das kalte Wetter in Kroatien: Wegen der aussergewöhnlich hohen Zahl von Knochenbrüchen war im kroatischen Split der gesamte Gipsvorrat von zwei Jahren innert fünf Tagen aufgebraucht.
Bürgermeister Zeljko Kerum machte die hohe Mehrwertsteuer für die vielen Unfälle verantwortlich: Sie habe die Preise für Winterstiefel in solche Höhen getrieben, dass die Leute sie sich nicht mehr leisten könnten.
Weniger Verbrechen
In Serbien wurde der Schiffverkehr auf der Donau gestoppt. Serbiens Innenminister Ivica Dacic konnte der Kälte jedoch auch Positives abgewinnen: Wegen ihr sei die Zahl der Verbrechen im Land deutlich zurückgegangen, sagte er der Nachrichtenagentur Tanjug.
Die Zahl der Straftaten sei um 40 Prozent gesunken; in den vergangenen Tagen sei nicht ein einziger Autodiebstahl registriert worden.
«Elf-Städte-Tour» vorerst abgesagt
Andernorts sorgten zugefrorene Seen bei Schlittschuhläufern für Freude. Doch nicht überall ist das Eis dick genug: In den Niederlanden müssen Wintersportler womöglich ein weiteres Jahr auf eine Neuauflage der traditionsreichen «Elf-Städte-Tour» warten. Die Veranstalter sagten das Rennen über die zugefrorenen Kanäle der Provinz Friesland vorerst ab.
In Polen ist die Masurische Seenplatte nach zwei Wochen Kälte zwar zugefroren und die Eisschicht im Schnitt 20 Zentimeter dick. Dennoch warnte die Polizei in Olsztyn (Allenstein) davor, mit dem Auto über die Seen zu fahren. In den vergangenen Tagen hatten Autofahrer bereits mehrfach improvisierte Rennen auf dem Eis ausgetragen. (sda)