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Al-Kaidas Propaganda wird professioneller

Während frühere Al-Kaida Bekennerschreiben holprige religiöse Pamphlete waren, setzen die Terroristen jetzt vermehrt auf detaillierte Vor- und Nachbereitung ihrer Anschläge im Internet.

Ihr Ziel: Zeigen, dass Terrorismus attraktiv und spannend ist, um neue Kräfte zu rekrutieren, dies berichtet Spiegel.de.

Die saudischen Behörden suchen fieberhaft nach ihm, doch Fawaz Ibn Mohammed al-Naschmi hat nichts Besseres zu tun, als dem Qaida-Magazin "Stimme des Dschihad" ein ausführliches Interview zu geben. "In den saudischen Medien heißt es, ihr hättet Geiseln genommen (...). Stimmt das?", fragt die "Stimme des Dschihad". "Das ist absolut falsch", antwortet al-Naschmi. "Meiner Meinung nach wird diese Geiselnahme-Lüge von den saudischen Behörden verbreitet, um ihr Versagen zu vertuschen." In Wahrheit habe man nur die Muslime von den Ungläubigen separiert und in Sicherheit gebracht, damit sie nicht aus Versehen erschossen würden.

Über sieben Seiten beschreibt der als "Anführer" der Attentäter von Chobar präsentierte al-Naschmi die Geschehnisse des vorvergangenen Wochenendes aus Sicht der Terroristen. Insgesamt 22 Menschen fielen dem Anschlag auf die ostsaudische Ölstadt zum Opfer. Detailliert schildert al-Naschmi, wer wann und bei welcher Gelegenheit von ihm und seinen Mittätern ermordet wurde. Zwischendurch, behauptet er, hätten die Attentäter sogar noch die Zeit gefunden, "ein Nickerchen zu halten".

Das Interview fand, kaum war es Ende vergangener Woche in dem alle zwei Wochen erscheinenden Online-Magazin "Stimme des Dschihad" veröffentlicht worden, schnell seinen Weg in verschiedene islamistische Internet-Diskussionsforen. Tausendfach wurde und wird es dort seitdem gelesen oder heruntergeladen. Ohne Zweifel war genau dies von den Autoren der "Stimme des Dschihad" auch erwünscht: Das Interview, quasi eine publizistische Nachbereitung des Anschlags von Chobar, ist der vorläufig letzte Höhepunkt einer immer professionelleren PR-Arbeit der saudischen al-Qaida und ihrer Unterstützer.

Die saudische Filiale der al-Qaida bezweckt mit dieser PR-Offensive, eine immer engere Bindung zwischen der eigentlichen Organisation und dem sympathisierenden Umfeld herzustellen. Das Interview mit al-Naschmi flankiert diesen theoretischen Lockruf, denn es gibt den Lesern das Gefühl, quasi schon einmal hautnah dabei gewesen zu sein. Al-Naschmi selbst tut ein Übriges: Das Verhalten der Terroristen wirkt in seiner Darstellung fast schon lässig.

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