«Kann die Schreie meiner Freunde nicht vergessen»

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Rache für Osama«Kann die Schreie meiner Freunde nicht vergessen»

Als Rache für den getöteten Osama Bin Laden haben die Taliban in Pakistan ein Blutbad angerichtet. Überlebende erzählen.

Riaz Khan
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Riaz Khan
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Nach sechs Monaten im Ausbildungszentrum der Grenzpolizei strömten rund 900 gut gelaunte junge Männer durch das Haupttor. Sie freuten sich auf zuhause, auf das Wiedersehen mit der Familie. Viele hatten Geschenke gekauft, wie ein Überlebender berichtet. Manche sassen schon in den weissen Minibussen, bereit zur Abfahrt, andere verstauten noch das Gepäck auf dem Fahrzeugdach. Da zündeten zwei Selbstmordattentäter vor dem Tor des Geländes im pakistanischen Shabqadar ihre Sprengstoffwesten - als Rache für Osama bin Laden.

Die mit Nägeln und Kugellagern gespickten Bomben rissen nach Polizeiangaben mindestens 80 Menschen in den Tod, darunter 66 der jungen Rekruten. Etwa 120 Menschen wurden verletzt.

Überall lagen Glasscherben, vermischt mit Blut und Fleischfetzen. Mindestens zehn Minibusse wurden zerstört. «Wir gingen auf einen der Wagen zu, als es die erste Explosion gab. Wir fielen hin, und dann gab es noch einen Knall», sagte der 21-jährige Rehmanullah Khan. «Wie hatten eine schöne Zeit zusammen, an guten und an schlechten Tagen. Ich kann die Schreie meiner Freunde nicht vergessen, bevor sie starben.»

Strafe auch für die Streitkräfte

Eine der Bomben sei von einem jungen Mann um die 20 Jahre gezündet worden, berichtete Polizeisprecher Nisar Khan. «Die erste Explosion war mitten auf der Strasse. Und dann kam noch eine grosse Detonation, noch stärker als die erste», erinnerte sich der Rekrut Abdul Wahid. Der 25-Jährige wurde an beiden Beinen verletzt. Die Explosionen hätten ihn zu Boden geschleudert, berichtete er. «Dann bin ich weggekrochen und habe mich an einen sichereren Ort geschleppt, an die Wand eines Ladens.»

Die schlecht ausgerüstete Grenzpolizei steht im Grenzgebiet zu Afghanistan an vorderster Front im Kampf gegen Al-Kaida und deren Verbündete wie die Pakistanischen Taliban. Wie andere Teile der pakistanischen Sicherheitskräfte erhalten auch sie Ausbildungshilfe aus den USA. Das Blutbad in Shabqadar war der erste grössere Anschlag in Pakistan seit der Tötung bin Ladens am 2. Mai und der bislang folgenschwerste in diesem Jahr.

«Wir haben das getan, um den Vorfall in Abbottabad zu rächen», sagte Ahsanullah Ahsan, ein Sprecher der Pakistanischen Taliban, der AP telefonisch und drohte zugleich mit Anschlägen auf Amerikaner in Pakistan. In Abbottabad hatte eine Sondereinheit der US-Marine den Al-Kaida-Chef aufgespürt und erschossen. Der Taliban-Sprecher deutete an, dass der Anschlag auf die Rekruten auch als Strafe für die pakistanischen Behörden gedacht sei, weil sie die Amerikaner nicht aufzuhalten vermochten. «Die pakistanischen Streitkräfte haben dabei versagt, ihr Land zu schützen», sagte er.

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