Jagd auf Terror-BossWie die CIA Bin Laden auf die Schliche kam
Die Jagd auf Osama Bin Laden beruhte auf jahrelanger mühsamer Geheimdienstarbeit. Ein Kurier und sein Auto führten schliesslich zum Versteck des Al-Kaida-Chefs.
Die Tötung von Osama Bin Laden ist ein grosser Erfolg für US-Präsident Barack Obama – und für die Central Intelligence Agency (CIA). Der US-Auslandsgeheimdienst war in den vergangenen Jahren häufig Zielscheibe von Kritik und Spott, sei es wegen seines Versagens in Zusammenhang mit dem Irak-Krieg und den angeblichen Massenvernichtungswaffen, oder wegen den folterähnlichen Verhörmethoden wie Waterboarding.
Nun haben womöglich diese Methoden den Schlüssel zur Ergreifung Bin Ladens geliefert, genauer den Decknamen eines Kuriers, dem der Terror-Pate vertraute. Al-Kaida-Mitglieder hätten ihn 2002 «in stundenlangen brutalen Verhören in geheimen Übersee-Gefängnissen» verraten, so die «New York Times». Offiziell wird der Name nicht bekannt gegeben, doch CNN meldete mit Berufung auf eine «diplomatische Quelle», es handle sich um Abu Ahmad al Kuwaiti, ein Name, der auch in den Guantánamo-Files von Wikileaks genannt wird.
In den nächsten Jahren war die CIA durch andere Aktivitäten absorbiert, vor allen den Irak-Krieg. 2005 schien die Spur zu Osama Bin Laden erkaltet zu sein. Der Geheimdienst entschied, die oft als «Bürohengste» verschrienen Agenten vermehrt vor Ort in Afghanistan und Pakistan einzusetzen. In mühsamer Kleinarbeit gelang es, den Nachnamen des Kuriers zu ermitteln sowie seine Familie ausfindig zu machen, die «in einem Golfstaat» lebte, so die «New York Times». Ein weiteres Indiz, dass es sich um al Kuwaiti (der Kuwaiter) handelte.
Telefonate und E-Mails überwacht
Die National Security Agency (NSA) überwachte darauf die Telefonate und E-Mails zwischen der Familie und «einer Person in Pakistan». Dies erbrachte den vollen Namen des Kuriers. Der entscheidende Durchbruch erfolgte jedoch erst im Juli 2010 in der Stadt Peschawar. Pakistanische Agenten im Dienst der CIA konnten den Mann dort beobachten, wie er in einen weissen Suzuki stieg. Sie notierten das Nummernschild. Nach mehrwöchiger Überwachung führte der Kurier die Agenten zu einem Anwesen in Abbottabad.
Die Anlage wurde mit Spionagesatelliten überwacht. Die NSA versuchte, die Kommunikation abzuhören, was nicht einfach war. Es gab weder Telefon- noch Internetanschluss, selbst der Abfall wurde im Garten verbrannt, um ja keine Spuren zu hinterlassen. Die Geheimdienstler schlossen daraus, dass eine wichtige Person dort leben musste, die allen Grund hatte, sich zu verstecken – womöglich Osama Bin Laden selbst. Doch erst Mitte März 2011 informierte CIA-Direktor Leon Panetta den Präsidenten und sein Sicherheitskabinett. Er empfahl ein militärisches Vorgehen.
Drei Optionen
Drei Optionen lagen auf dem Tisch: Eine Kommandoaktion mit Helikoptern, ein Bombenangriff und ein gemeinsames Vorgehen mit dem pakistanischen Geheimdienst. Letzteres wurde verworfen, man trauten den Pakistanern nicht. Eine Bombardierung kam aus diversen Gründen nicht in Frage – womöglich hätte man keine Spur von Bin Ladens Leiche gefunden. Es blieb der Einsatz einer Navy-Seals-Spezialeinheit. Diese übte in den USA an Nachbauten der Anlage in Abbottabad. Um wen es ging, wurde vorerst nicht gesagt.
Der Tag der Entscheidung kam am letzten Donnerstag. Leon Panetta informierte das Weisse Haus, dass Osama Bin Laden sich vermutlich im Anwesen befand. Noch einmal wurden laut «New York Times» die negativen Folgen einer Kommandoaktion erwogen, in Erinnerung an die missglückte Befreiung der US-Botschaftsgeiseln 1980 im Iran und den Abschuss zweier US-Helikopter 1992 in Somalia («Black Hawk Down»). Präsident Barack Obama erbat sich Bedenkzeit. 16 Stunden später entschied er: «Wir machen es.»