Judikative vs. ExekutiveDer Bundesrat schiesst zurück
Der Machtkampf im Fall Tinner spitzt sich zu, denn der Bundesrat bleibt hart: Die Tinner-Akten müssen vernichtet werden. Im Kampf der Gewalten bezichtigt die Regierung die Justiz der widerrechtlichen Beschlagnahmung eines Schlüssels. Unklar ist, ob die Akten überhaupt noch existieren. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) verweigerte dazu jede Auskunft.
Der Bundesrat akzeptiert die vom Eidg. Untersuchungsrichteramt angeordnete Beschlagnahmung eines Tresors mit Schlüsseln zu den Tinner-Akten nicht. Er bezeichnet sie als ungültig.
Das Gremium habe gestützt auf sein verfassungsunmittelbares Verfügungsrecht beschlossen, rund 100 Seiten der brisantesten Akten im Fall Tinner vernichten zu lassen, heisst es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD). Gegen derartige Verfügungen des Bunderates gebe es kein Rechtsmittel und sie würden daher sofort rechtskräftig. Damit stehe fest, dass die fraglichen Akten mit Kernwaffenbauplänen durch einen rechtskräftigen Bundesratsbeschluss dem Strafverfahren als Beweismittel definitiv entzogen seien.
Ins Leere geschossen
Eine «Beschlagnahmung» der Akten sei rechtlich also gar nicht möglich.
Die Beschlagnahmungsverfügung sei somit ohne taugliches Beschlagnahmungsobjekt. «Sie hat von Anfang an ins Leere gestossen und ist damit gegenstandslos», hält das EJPD fest.
Nur Schlüssel sichergestellt
Was der Bundesrat damit meint, wird in dem Communiqué auch klargestellt: Das EJPD sei weiterhin mit der Aufgabe betraut, den Bundesratsbeschlüssen zur Vernichtung der brisantesten Akten Nachachtung zu verschaffen, heisst es darin. Dieses könnte damit immer noch Ernst machen, wurden doch bisher nur die Schlüssel zu den Aktenschränken, nicht aber die Akten selber sichergestellt.
Was bisher geschah
(jeb/kub/sda/dapd)