Noch eine AbstimmungBerlusconi ist nächste Woche weg
Der Cavaliere hat die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer verloren. Nun will er die Konsequenzen ziehen. Silvio Berlusconi stellt seinen Rücktritt in Aussicht. Er hat noch eine Woche.
Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will zurücktreten, sobald die Sparpläne seiner Regierung vom Parlament verabschiedet sind. Das erklärte der Präsidentenpalast in Rom am Dienstagabend. Dies dürfte in etwa am Dienstag nächster Woche geschehen. Der Cavaliere hat also noch eine Woche an der Macht.
Berlusconi räumte in einer Stellungnahme ein, dass er während einer Haushaltsabstimmung die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer verloren habe. Dinge wie die Frage, «wer oder wer nicht die Regierung führt» seien weniger wichtig als das zu tun, «was richtig für das Land ist», sagte er. Seine Entscheidung zum Rücktritt sei zum Wohle des Landes und solle die Finanzmärkte beruhigen, die das Vertrauen in die Fähigkeiten Italiens verloren haben, gegen die Staatsverschuldung anzukämpfen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Er ziehe die Ausrufung vorgezogener Neuwahlen vor, sagte Berlusconi.
«Die Regierung hat nicht mehr die Mehrheit, die wir zu haben glaubten», sagte der gescheiterte Regierungschef am Dienstagabend dem italienischen Fernsehen.
«Wir müssen also diese Situation realistisch zur Kenntnis nehmen und uns um die Lage Italiens kümmern und um das, was auf den Finanzmärkten geschieht», fügte er an. Von der Opposition werde er fordern, dass sie den dringenden Reformmassnahmen zustimmt.
Mehrheit verloren
Zuvor war Berlusconi weiter unter Druck geraten, nachdem er bei einer wichtigem Parlamentsabstimmung die absolute Mehrheit verfehlt hatte. Zwar wurde der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2010 im Parlament angenommen. Er erhielt jedoch nur dank eines Abstimmungsboykotts der Opposition die nötige Mehrheit.
Bei der Abstimmung gaben 308 Abgeordnete dem Rechenschaftsbericht ihre Zustimmung - acht weniger als für die absolute Mehrheit von 316 Abgeordneten erforderlich. 321 anwesende Abgeordnete weigerten sich, an der Abstimmung teilzunehmen, einer enthielt sich.
Opposition und Koalitionspartner fordern Rücktritt
Der Verlust der absoluten Mehrheit lässt Berlusconis Mitte-Rechts- Koalition in einer extrem geschwächten Position zurück. Oppositionsführer Pier Luigi Bersani von der Demokratischen Partei (PD) forderte umgehend den Rücktritt Berlusconis.
«Die Regierung hat keine Mehrheit mehr im Abgeordnetenhaus» sagte Bersani. An Berlusconi gewandt fügte er hinzu: «So kann es nicht weitergehen. Sie müssen zurücktreten.» Die Regierung habe ein Glaubwürdigkeitsproblem und sei nicht in der Lage, mit der derzeitigen Situation umzugehen.
Am Morgen hatte sich bereits Berlusconis Koalitionspartner Lega Nord offen vom Ministerpräsidenten abgewandt. «Wir haben den Ministerpräsidenten um seinen Rücktritt gebeten», sagte Lega-Nord- Chef Umberto Bossi.
Die Debatte über Berlusconis Nachfolger läuft auf Hochtouren. Ersetzt werden könnte er durch den Generalsekretär der Regierungspartei PDL, Angelino Alfano. Im Gespräch sind aber auch andere Kandidaten, darunter der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti als Chef einer Übergangsregierung aus Technokraten.
Jesus und Judas
Der Regierungschef selbst hatte bislang alle Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. «Ich weiche nicht», zitierte ihn die Zeitung «Il Giornale», die dem Bruder des konservativen Politikers und Medien-Milliardärs gehört.
Das Blatt verglich den Regierungschef mit Jesus und abtrünnige Abgeordnete seiner Mitte-Rechts-Koalition mit Judas. «Ich will denen, die mich verraten, ins Gesicht schauen», sagte Berlusconi der Zeitung.
EU-Finanzminister machen Druck
Berlusconi steht wegen der horrenden Staatsschulden auch in der EU unter Druck. Bei einem EU-Finanzministertreffen warnte Österreich Italien davor, sich im Kampf gegen seine Schulden auf Hilfe der Euro- Partner zu verlassen. «Italien weiss selbst, dass im Hinblick auf die Grösse des Landes man nicht auf Hilfe von aussen hoffen kann», sagte Finanzministerin Maria Fekter in Brüssel.
Auch Finnlands Regierungschef Jyrki Katainen forderte Italien dazu auf, keine Hilfe von den Euro-Staaten zu erwarten. «Es ist schwer vorstellbar, dass Europa die Mittel hätte, die gesamten italienischen Schulden zu schultern», sagte er vor dem Parlament in Helsinki. Er warnte Italien vor «leeren Versprechungen» bei seinen Reformen.
(Oppositionschef Pierluigi Bersani nach dem Votum) (aeg/sda/dapd)