Das Bauernopfer der SVP

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Hansjörg WalterDas Bauernopfer der SVP

Hansjörg Walter ist als Bundesratskandidat gescheitert – bereits zum zweiten Mal. Vor drei Jahren verlor er wegen seiner Loyalität zur SVP, nun wurde er von ihr verheizt.

Peter Blunschi
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Peter Blunschi

Hansjörg Walternimmt gegenüber 20 Minuten Online Stellung zu seiner verpatzten Bundesratskandidatur.

Ende 2008 trat BDP-Bundesrat Samuel Schmid zurück. Die SVP wollte nach einem ziemlich missglückten Jahr in der Opposition in die Landesregierung zurückkehren. Nominiert wurde ein Zürcher Zweierticket mit Christoph Blocher und Ueli Maurer. Dass Blocher nur ein Jahr nach seiner Abwahl ein Comeback anstrebte, stiess vor allem bei jener Mitte-links-Koaltion auf Ablehnung, die ihn durch Eveline Widmer-Schlumpf ersetzt hatte.

Hinter den Kulissen wurde ein Alternative zum «Hardliner»-Duo Blocher/Maurer gesucht. In den Fokus geriet der Thurgauer Nationalrat Hansjörg Walter, der als umgänglich und konsensfähig galt. Als Präsident der Schweizerischen Bauernverbands verfügte er zudem über eine starke Hausmacht. Die SVP würde es deshalb kaum wagen, ihn aus der Partei zu werfen, so das Kalkül der Spreng-Allianz. Weil sich der 57-Jährige zudem zweideutig verhielt und eine Wahl nicht partout ausschliessen wollte, wuchsen seine Chancen fast stündlich.

Seine eigene Stimme fehlte

In der «Nacht der langen Messer» vor der Wahl am 10. Dezember 2008 wurde Walter von der SVP-Spitze in den Schwitzkasten genommen. Man werde ihn trotz seinem Rückhalt bei den Bauern ausschliessen, drohte man ihm an. In der folgenden Nacht schlief Walter schlecht. Er rang mit sich, das Amt des Bundesrats reizte ihn, doch gleichzeitig fühlte er sich seiner Partei verpflichtet. Vor dem ersten Wahlgang eilte er pflichtbewusst ans Mikrophon und erklärte, er stehe nicht zur Verfügung. Dennoch ging er auf Anhieb in Führung.

Im zweiten und dritten Wahlgang fehlte Hansjörg Walter nur je eine Stimme zur Wahl – seine eigene. Als loyaler Parteisoldat hatte er den Namen Ueli Maurer auf den Zettel geschrieben. Dieser wurde denn auch gewählt. Walter gab danach zu, er habe bis zuletzt gewankt: «Ich war hin und her gerissen. Eine mögliche Variante wäre gewesen, dass ich eine Stunde Timeout verlangt hätte, um mit der Fraktion Rücksprache zu nehmen», sagte er im Interview mit 20 Minuten Online. Beim Fraktionsessen der SVP liess sich der Bauernpräsident feiern. «Ich bereue nichts», sagte er einige Tage nach der Wahl.

Ersatzmann für Zuppiger

Drei Jahre später erhielt Hansjörg Walter eine zweite Chance – und das völlig unverhofft. Der Thurgauer war bereits zum Nationalratspräsidenten für 2012 gewählt worden, als ihn die SVP-Fraktion in aller Eile offiziell als Bundesratskandidat nominierte. Er musste Bruno Zuppiger ersetzen, der über einen Erbschaftsskandal gestolpert war. Diesmal reagierte Mitte-links mit Ablehnung. Der gleiche Mann, der drei Jahre zuvor von seiner Partei unter Druck gesetzt worden war, liess sich nun von dieser instrumentalisieren.

Seine Kandidatur galt als «Mission impossible». Vertraute nannten dem «Landboten» drei Gründe, warum der Bauer aus Wängi trotzdem antrat: Hansjörg Walter gelte nicht als sehr entschlossener Mensch, der bei seinem Entscheid bleibt, wenn er ihn einmal getroffen hat. Gleichzeitig sei er ein pflichtbewusster Mensch, der sich tatsächlich verpflichtet fühle, der Konkordanz und der Partei zu dienen. Hinter Walters netter, sympathischer Art verberge sich zudem mehr persönlicher Ehrgeiz, als man auf den ersten Blick denken würde.

«Ein Trauerspiel»

Am Ende kam es, wie es kommen musste. Der SVP-Angriff mit Hansjörg Walter auf den Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf scheiterte, der Thurgauer Nationalrat kam auf 63 Stimmen. Darauf erklärte SVP-Fraktionschef Caspar Baader, Walter stehe für die folgenden Wahlgänge nicht mehr zur Verfügung. CVP-Präsident Christophe Darbellay kritisierte gegenüber Radio DRS, Walter habe sich «einspannen lassen in ein Trauerspiel». Es sei nicht einmal klar, ob er sich freiwillig zurückgezogen habe oder ob er von seiner Partei aus dem Rennen genommen worden sei. Walter sei verheizt worden.

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