Vier Frauen im Bundesrat«Die Schweiz wird jetzt von Frauen regiert»
Nicht nur die Schweizer Frauen freuen sich über die Frauenmehrheit im Bundesrat. Die ehemalige EU-Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner wertet die Wahl als «Zeichen eines hohen Standards».
Auch das Ausland nimmt von der historischen Wahl von heute Morgen Kenntnis. Benita Ferrero-Waldner, ehemalige Aussenministerin Österreichs und EU-Kommissarin für Aussenbeziehungen, schreibt in einem Statement für 20 Minuten Online: «Es ist für mich eine Freude zu sehen, dass es in einer Regierung eine Mehrheit von kompetenten Frauen gibt und geben kann. Es ist ein Zeichen eines hohen Standards eines Landes, dass Frauen in verantwortliche Positionen kommen können.»
Nicht immer sah es in der Schweiz nach «hohem Standard» aus. Als 2003 Bundesrätin Ruth Metzler abgewählt und durch Christoph Blocher ersetzt wurde, machte eine Karikatur des Bundesratsfotos die Runde. Die Bildzeile lautete in etwa: «Der Bundesrat repräsentiert die Schweizer Bevölkerung: Vier alte konservative Säcke (Merz, Blocher, Schmid, Couchepin), zwei Normalos (Leuenberger, Deiss) - und eine Frau (Calmy-Rey).»
Als die Fotografen heute Morgen den neu zusammengesetzten Bundesrat ablichtete, präsentierte sich ein anderes Bild: Vier Frauen und drei Männer strahlten in die Kameras. SP-Fraktionspräsidentin Ursula Wyss hatte Tränen in den Augen.
Mit der heutigen Wahl von Simonetta Sommaruga als Bundesrätin besteht unsere Regierung aus einer Frauenmehrheit. «Das ist ein historischer Tag für die Schweiz», freut sich Julia Gerber Rüegg, Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz. «39 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts verhilft die SP mit einer hochkarätigen Zweierkandidatur den Frauen in der Regierung zu einer Mehrheit.»
Gemischte Gefühle
Auch SP-Präsident Christian Levrat war in einer Reaktion stolz auf die nun erreichte Frauenmehrheit im Bundesrat. Es sei ein Höhepunkt im 40-jährigen Kampf für die Sache der Frau. Die Politik gebe in der Gleichstellungsfrage gegenüber der Wirtschaft nun den Ton an. Dort liege die Gleichheit noch in weiter Ferne.
Gemischt sind die Gefühle bei den freisinnigen Frauen. Zwar hat es heute eine Frau in den Bundesrat geschafft - aber eben nicht ihre. «Ich freue mich über die Frauenmehrheit, auch wenn ich enttäuscht bin, dass es unsere Favoritin Karin Keller-Sutter nicht geschafft hat», sagt Irene Thalmann, Präsidentin der FDP-Frauen. Für die Sache der Frauen sei diese Mehrheit super, betont Thalmann weiter. «Ich hoffe, dies hat eine Signalwirkung für die Wirtschaft.»
Frauen regieren die Schweiz
Auch Medien im Ausland vermelden die historischen Wahlen von heute Morgen. «Die Schweiz wird jetzt von Frauen regiert», titelt Welt.de. Auf BBC Online heisst es: «Women dominate new Swiss cabinet». Und lemonde.fr schreibt: «Une majorité de femmes au gouvernement suisse».
(Video: Keystone)
Elisabeth Kopp: «Grosse Freude»
Elisabeth Kopp, die 1984 als erste Frau in den Bundesrat gewählt wurde, bekundete gegenüber der Agentur SDA «grosse Freude». Kämpferisch gab sich die freisinnige Alt-Bundesrätin aber nicht. «Wenn es an den eidgenössischen Wahlen 2011 wieder zu einer Männermehrheit kommt, dürfen die Frauen sich nicht beklagen», sagte sie, sie sei für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis.
Sie könne sich vorstellen, dass gewisse Anliegen wie familienpolitische Fragestellungen oder Gleichstellungsthemen dank einer Frauenmehrheit in der Landesregierung stärker auf der Agenda stünden. Kopp vermutet zudem, dass Frauen in der Regel zudem über ausgeprägtere Sozialkompetenzen verfügten. «Sie gehen durchschnittlich mehr auf ihre Mitarbeitenden ein.»