Gaddafi befürchtet Geiselbefreiung

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Libyen-AffäreGaddafi befürchtet Geiselbefreiung

Die beiden festgehaltenen Schweizer befinden sich nicht mehr in der Schweizer Botschaft in Tripolis. Gaddafi hat sie an einen «sicheren Ort» gebracht. Dies weil er eine gewaltsame Befreiung befürchtet.

Merz traf Gaddafi am Mittwochabend zu einem rund 40-minütigen Gespräch in der lybischen Botschaft. Der libysche Herrscher sei sachlich und unemotional gewesen, er habe der Schweiz keine Vorwürfe gemacht, sagte Merz am Donnerstag vor Schweizer Medienvertretern. Er habe die Schweizer auch nicht warten lassen und das Treffen habe in einer freundlichen Atmosphäre stattgefunden.

Geiseln nicht mehr in der Botschaft

Die beiden Schweizer wurden laut Merz von den libyschen Behörden an einen «sicheren» Ort gebracht. Gaddafi habe diese Massnahme damit begründet, dass Libyen befürchte, die Schweiz könnte versuchen, die Geiseln gewaltsam zu befreien. Merz versicherte Gaddafi, dass die Schweiz keine solchen Absichten hege.

Merz klärt Gaddafi auf

Gaddafi habe beim Treffen noch einmal die Verhaftung seines Sohnes rekapituliert, sagte Merz weiter. Der Revolutionsführer habe dabei klar gemacht, dass seine Familie nicht über dem Schweizer Recht stehe, dieses sei aber nicht richtig angewandt worden.

Merz habe Gaddafi darauf aufmerksam gemacht, dass zuerst die zwei Schweizer Geiseln freikommen müssten, sagte Merz. Die zwei Geschäftsleute werden seit einem Jahr in Libyen festgehalten, weil sie Visaübertretungen begangen hätten.

Da sie dafür aber bisher nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, liegt laut Merz die Vermutung nahe, dass die beiden aus Rache für die Verhaftung von Gaddafis Sohn Hannibal im Juli 2008 im Land behalten würden.

Gaddafi kümmert sich persönlich um Geiselbefreiung

Wann die Geiseln frei kommen, konnte Merz nicht sagen. Dass zur Umsetzung des Vertrages zwischen den beiden Ländern aber die Frage der Geiseln gelöst werden müsse, sei Gaddafi klar. Der Revolutionsführer habe ihm aber gesagt, er wolle sich nun persönlich darum kümmern.

Merz und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey kritisierten die Polemik, die die Schweizer Medien betrieben. So habe die Veröffentlichung der Polizeifotos von Hannibal Gaddafi den Verhandlungen einen herben Rückschlag erlitten.

Zivilklage sistiert

Im juristischen Streit in Genf zeichnet sich eine positive Entwicklung ab. Der Staat Libyen, das Ehepaar Hannibal und Aline Gaddafi sowie der Kanton Genf hätten die Sistierung der Klage gemeinsam beantragt, sagte der stellvertretende Sekretär der Genfer Staatsanwaltschaft, Patrick Becker.

Eine Anhörung am Donnerstag wurde abgesagt. Das Ehepaar Gaddafi hatte in seiner Klage 475 000 Franken für materiellen Schaden sowie 50 000 Franken als Entschädigung für ungerechtfertigte Behandlung bei der Verhaftung verlangt.

Die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats reichte derweil eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein. An einer Sitzung am 8. September hatte die APK über die Bemühungen um die Ausreise der beiden festgehaltenen Schweizer diskutiert.

In den folgenden Tagen veröffentlichten verschiedene Medien Kommissionsprotokolle und -unterlagen. Die AKP will wissen, wie vertrauliche Kommissionsunterlagen an die Medien gelangten.

(sda/dapd)

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