Affäre GaddafiGaddafi dreht der Schweiz den Ölhahn zu
Das libysche Erdölunternehmen Tamoil stoppt seine Lieferungen in die Schweiz. Die Gründe sind schleierhaft - denn Libyen schiesst mit dem Lieferstopp vor allem ein Eigentor.
Den Lieferstopp bestätigte Tamoil-Sprecher Laurent Paoliello am Mittwochabend gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. «Libyen hat seine Rohöllieferungen am Mittwoch suspendiert», sagte Paoliello auf Anfrage. Weitere Angaben machte er nicht. Er habe absolut keinen Kommentar anzugeben, könne aber den Unterbruch der Öllieferungen bestätigen.
In Tripolis hatte es zuvor geheissen, der Lieferstopp sei eine Folge des nach wie vor ungelösten Konflikts um die vorübergehende Verhaftung von Hannibal Gaddafi vom vergangenen Juli in Genf.
EDA gibt sich zugeknöpft
Beim Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) war am Mittwochabend dazu keine Stellungnahme erhältlich. «Das EDA kann sich nicht näher dazu äussern, weil es von offizieller libyscher Seite keine dahingehenden Informationen erhalten hat», sagte EDA-Sprecher Lars Knuchel.
Nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen den Sohn des libyschen Staatschefs in Genf von Anfang September hatte die Schweiz auf eine rasche Beilegung des Konflikts gehofft. Nach wie vor können aber zwei vorübergehend verhaftete Schweizer Libyen nicht verlassen.
Ärgerlich
Für die Schweizerische Erdölvereinigung ist der Lieferstopp ärgerlich, aber nicht bedrohlich, wie ihr Geschäftsführer Rolf Hartl auf Anfrage sagte. Die Versorgung mit Erdöl in der Schweiz sei dadurch nicht im Geringsten gefährdet. Auch werde dadurch der Preis für die Konsumenten nicht steigen, versicherte Hartl.
Der libysche Lieferstopp würde in der Schweiz erst in zwei bis drei Wochen Auswirkungen zeigen, sagte Hartl. Bis dahin hätten die Importeure Zeit, sich an andere Lieferanten zu wenden.
Libysches Eigentor
Nach Ansicht von Hartl handelt es sich beim Lieferstopp um ein «Eigentor» Libyens, das dessen eigene Interessen in der Schweiz schwäche: Am meisten davon betroffen seien die Tamoil-Raffinerie in Collombey VS, die in libyschem Besitz ist, sowie die 320 Tamoil-Tankstellen in der Schweiz.
Die Raffinerie in Collombey liefert jährlich 2,2 Mio. Tonnen Erdölprodukte, was einem Fünftel des schweizerischen Bedarfs entspricht. Es handle sich hier um einen «diplomatischen Poker», und es gehe offenbar darum, gewisse Leute zu beruhigen, sagte Hartl. Die Erdölwaffe tauge aber in diesem Zusammenhang nicht.
(ap/sda)