Kaukasus-KonfliktRussische Propaganda zwischen Todesanzeigen
Die russische Botschaft schaltete heute in allen grossen Schweizer Zeitungen Todesanzeigen, welche der «Opfer des georgischen Angriffs auf Südossetien» gedenken. Über die georgischen Toten verliert sie kein Wort.
Die Russen erobern die Todesanzeigen (siehe Bild): «Wir möchten mit diesen Anzeigen unsere Trauer über den georgischen Angriff ausdrücken», sagt Daria Subareva, Kultur-Attaché der russischen Botschaft in Bern. Die unzähligen Opfer des russischen Gegenschlags auf Georgien klammert die Botschaft in der Todesanzeige komplett aus. «Wir wollen mit dem Inserat die etwa 7000 in der Schweiz lebenden Leute mit russisch-orthodoxem Glauben ansprechen», sagt Subareva weiter. Auf die Georgien-Frage will sie nicht weiter eingehen.
Kritische Anteilnahme
Im Inserat dankt die Botschaft ausserdem der «tiefen Anteilnahme der Schweizer Bürger»: Laut Subareva hätten sich etwa 50-80 Personen bei der Botschaft gemeldet: «Es waren auch kritische Stimmen darunter», gibt sie zu.
«So etwas habe ich noch nie gesehen»
Die Annoncen erschienen heute flächendeckend in der ganzen Schweiz: Ob «Berner Zeitung» oder «Tages-Anzeiger», «Le Temps» oder «Tribune de Genève», in allen Gazetten rieben sich die Leser der Todesanzeigen die Augen: «So ein Inserat habe ich noch nie gesehen», sagt der Chefredaktor des Tages-Anzeigers, Peter Hartmeier, auf Anfrage von 20 Minuten Online. Bei Inseraten sei der Tagi möglichst liberal: «Wir drucken möglichst alles ab, was rechtlich erlaubt ist».