Jetzt wird endlich gebohrt

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Grubenunglück in ChileJetzt wird endlich gebohrt

Grosse Erleichterung: Nach langem Warten und Bangen hat man begonnen, den für die eingeschlossenen Bergleute rettenden Schacht zu bohren. Angehörige klatschten Beifall.

Die Bemühungen um die Rettung der 33 verschütteten Bergleute in Chile sind in ihre entscheidende Phase getreten. Am Dienstag begann ein Spezialbohrer, sich einen Weg zu den seit fast vier Wochen in 700 Metern Tiefe eingeschlossenen Kumpel zu bahnen.

Diese werden während den Bohrungen bis zu 4000 Tonnen herabfallende Gesteinsbrocken wegräumen müssen - und wohl noch bis Weihnachten auf ihre Rettung warten. Sie sitzen seit einem Grubenunglück am 5. August im Bergwerk San José in der Atacama-Wüste fest.

Sie sind damit die Bergleute, die weltweit bislang am längsten unter Tage ausharren mussten. Im vergangenen Jahr verbrachten drei Kumpel in China 25 Tage in einer überfluteten Mine, bevor sie gerettet wurden. Diese Marke übertrafen die Chilenen am Dienstag.

Um 4.25 Uhr (MESZ) begann abgeschirmt von den bangen Blicken der Angehörigen und auch der Medien der Bohrer seine Arbeit. Er bohrt zunächst einen nur 33 Zentimeter breiten Schacht zu den eingeschlossenen Bergleuten. Erst ein weiterer Spezialbohrer kann diesen dann auf die doppelte Breite bringen.

Dann ist der Schacht breit genug, um mit einer Rettungskapsel die Bergleute nacheinander bergen zu können. Das Bohrgerät kann pro Tag zwischen 8 und 20 Meter in die Tiefe vordringen. Die Helfer müssen dabei mit äusserster Vorsicht vorgehen, da weitere Einstürze in der instabilen Grube drohen.

Hilfe von der NASA

Die eingeschlossenen Männer in dem 50 Quadratmeter grossen Schutzraum kämpfen unterdessen in der feuchten und heissen Luft unter Tage mit ersten Krankheiten. Einige leiden nach Angaben von Gesundheitsminister Jaime Mañalich an Infektionen und Hautgeschwüren. Zudem zeigten einige Anzeichen von Depressionen.

Es sei «eine nie zuvor bewältigte Aufgabe», die Männer unter Tage so lange gesund zu halten, sagte Mañalich. Experten zufolge ist es wichtig, dass die Männer geistig und körperlich fit bleiben.

Unterstützung in Gesundheitsfragen soll von vier Experten der US- Raumfahrtbehörde NASA kommen, die unterdessen in Chile eingetroffen sind. Sie sollen ihre Erfahrungen mit Astronauten nutzen, wenn diese lange im All sind. «Die Umgebung mag anders sein, aber mental und physisch ist es eine vergleichbare Situation», sagte NASA- Chefmediziner Michael Duncan.

Die verschütteten Bergleute werden derzeit über ein schmales Bohrloch versorgt. Mit Hilfe von Plastikröhren werden Lebensmittel in die Tiefe gelassen. Auch eine Gegensprechanlage wurde installiert. Am Sonntag konnten sie erstmals mit ihren Angehörigen sprechen.

Personelle Konsequenzen

Nach dem Unglück gab es erste personelle Konsequenzen. Raúl Martínez, der für die Region Atacama zuständige Vertreter des Gesundheitsministeriums, erklärte am Montag seinen Rücktritt.

Er hatte erst am 28. Juli die Wiedereröffnung der Unglücksmine genehmigt, nachdem sie wegen eines schweren Arbeitsunfalls geschlossen worden war. Dabei hatte ein Arbeiter im Juli durch Steinschlag ein Bein verloren.

Schon 2007 war die Kupfer- und Goldmine im Norden des Landes wegen mehrerer Arbeitsunfälle und genereller Sicherheitsmängel geschlossen worden. Ein Jahr später hatte die Aufsichtsbehörde den Betrieb jedoch wieder zugelassen.

Angst vor Lohneinbussen

Die Bergbauunternehmen sind sehr einflussreich, weil sie mehr als die Hälfte der Devisen des Landes erwirtschaften. Die Regierung kündigte nach dem Unglück in San José am Wochenende die Schaffung einer neuen Aufsichtsbehörde an.

Die Forderung der Gewerkschaften, die Gehaltszahlungen für alle bisherigen Arbeiter der Mine San José bis zur Rettung der Eingeschlossenen zu übernehmen, lehnte die Regierung ab. Die Arbeiter befürchten, dass das Minen-Unternehmen San Esteban die Löhne ab September nicht mehr bezahlen werde. (sda)

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