Todesschütze von Höngg war militanter Wef-Gegner

Aktualisiert

Todesschütze von Höngg war militanter Wef-Gegner

Der Höngger Todesschütze Luis W. war ein militanter Wef-Gegner und verübte einen Molotow-Cocktail-Anschlag in der Zürcher Innenstadt. Und: Die Armee ist über die Vorstrafen des Todesschützen von Höngg informiert gewesen.

Der Fall wurde überprüft, wobei der Armee aber nur das verletzte Gesetz und das Strafmass zur Verfügung standen, wie das VBS einem Bericht der «SonntagsZeitung» bestätigte. Der Ruf nach vollständiger Transparenz über die Strafregister wurde laut.

Die Frage, ob die Bluttat des 21-jährigen Wehrmanns vom vergangenen 23. November in Höngg bei ausreichendem Informationsfluss zwischen Justiz und Armee hätte verhindert werden können, thematisierten gleich mehrere Sonntagszeitungen. Dass die Vorstrafen des Täters bekannt gewesen waren, als er in die RS einrückte, ist gesichert. «Das System hat funktioniert. Uns wurden die Strafen gemeldet, der Fall wurde überprüft», zitiert die «SonntagsZeitung» den Sprecher des Führungsstabs der Armee, Urs Müller. VBS-Sprecher Sebastian Hueber bestätigte dazu auch Angaben, wonach sich die Armeeverantwortlichen dabei auf das verletzte Gesetz und das Strafmass stützen müssten. Entsprechend könne er nicht bestätigen, dass die geahndete Sachbeschädigung des 21-jährigen einen gewaltextrimistischen Hintergrund gehabt habe. Dies wäre ein klarer Fall für den Ausschluss aus der Armee gewesen.

Gemäss «SonntagsZeitung» hatte der Täter am 29. Januar 2006 bei WEF-Protesten in Zürich einen Molotow-Cocktail in die Eingangshalle der Exportförderungsorganisation Osec geworfen. Dies deckt sich mit Angaben der Zürcher Staatsanwaltschaft, welche bei den Vorstrafen von einem geringfügigen Vermögensdelikt und der Verursachung einer Explosion mit geringem Sachschaden gesprochen hatte.

Zur Forderung auch aus Armeekreisen, bei der Information über die Strafregister volle Transparenz zu schaffen, nahm Huber unter Verweis auf die erst kürzlich bekannt gewordenen Ermittlungsergebnisse im Fall Höngg vorerst nicht Stellung. Er verwies diesbezüglich auf das geltende Datenschutzgesetz, das dem Informationsfluss Grenzen setze. Die «NZZ am Sonntag» zitierte in diesem Zusammenhang Brigadier Daniel Berger. Dieser würde es als nützlich erachten, wenn dem Kommandanten bei Dienstbeginn allfällige Vorstrafen seiner Leute systematisch mitgeteilt würden. Der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG), Michele Moor, schlägt vor, den Strafregisterauszug jedes Rekruten zu überprüfen, bevor ihm die Armeewaffe abgegeben wird, wie er zu einem Bericht der Zeitung «Sonntag» bestätigte. Schliesslich sei ein Strafregisterauszug beim Erwerb einer Schusswaffe im Zivilen schon lange der Fall.

In der vom Todesschützen besuchten Rekrutenschule in Turtmann (VS) waren kurz vor Ende der Pistolengriff einer Offizierspistole sowie der Verschluss einer anderen verschwunden. Die Untersuchungen der Militärpolizei hatten die Entlassung um Stunden verzögert. Eine Verbindung zwischen dem 21-Jährigen und dem Verschwinden der Waffenbestandteile gebe es nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen nicht, sagte der Sprecher der Militärjustiz, Frank Zellweger, bereits am Freitag in der Sendung «10vor10». Der Schweizer chilenischer Herkunft hatte, wie berichtet, die Patrone in der Armee gestohlen, mit der er später an der Bushaltestelle Hönggerberg eine 16-jährige Coiffeur-Lehrtochter erschossen hatte. (dapd)

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