Mysteriöses Bienensterben bedroht Pflanzenwelt
Der vergangene Winter hat den Schweizer Bienenvölkern erneut stark zugesetzt. Peter Gallmann, Leiter des Zentrums für Bienenforschung, bezeichnet die Situation als «sehr beunruhigend». Ein Drittel der weltweiten Nahrung ist abhängig von der Bestäubung durch Bienen.
Es steht nicht gut um die Bienenvölker in der Schweiz. Der vergangene Winter hat ihnen erneut stark zugesetzt. «Wir hatten im Winter 2007/2008 mehr Verluste als im Vorjahr», sagt Peter Gallmann, Leiter Zentrum für Bienenforschung bei der Forschungsanstalt Agroscope, im Gespräch mit 20 Minuten Online. Die Verluste waren in sämtlichen Regionen der Schweiz feststellbar - vor allem aber im Tessin und im Emmental.
Seit 1985 kontinuierlicher Rückgang der Bienenvölker
Seit 1985 ist die Zahl der Bienenvölker in der Schweiz kontinuierlich rückläufig. Während es 1985 noch rund 240 000 waren, existierten im Jahr 2002 in der Deutschschweiz noch 152 300 Völker, und 2007 sind es nur noch deren 113 000.
«Das Bienensterben ist ein weltweites Phänomen und es ist sehr beunruhigend», so Gallmann. Nicht nur die Honigproduktion wäre gefährdet, sondern vor allem auch ein Grossteil der weltweiten Nahrung. «Rund ein Drittel aller Nahrungsmittel entsteht durch Bestäubung. 80 Prozent dieser Bestäubung wird von Bienen bestritten», erklärt der Fachmann, «auch im Bereich der Biodiversität spielen Bienen eine enorm wichtige Rolle. Gewisse Pflanzen könnten verschwinden, wenn die Bienen sie nicht mehr bestäuben.»
Gründe für Bienensterben weiterhin unklar
Noch ist unklar, worauf dieses Bienensterben zurückzuführen ist. Die Gefahr ist jedoch erkannt. «Die Bienen wurden vor einem Jahr als landwirtschaftliches Nutztier ins Landwirtschaftsgesetz aufgenommen. Das ermöglicht dem Bund, Förderungsmassnahmen zum Erhalt der Bienen zu ergreifen», so Peter Gallmann. Derzeit erarbeitet eine Gruppe von Experten auf Bundesebene ein Konzept für die Bienenförderung in der Schweiz. Das Konzept umfasst Themen wie Aus- und Weiterbildung der Imker, Prävention bei Krankheiten der Bienenvölker, Zuchtmassnahmen zur besseren Resistenz der Bienen. «Im Sommer sollte ein Bericht zu Handen des Parlaments fertig gestellt sein. Ich habe keine Bedenken, dass die Vorschläge auch umgesetzt werden», ist Gallmann überzeugt.
Weniger Bienen - weniger Imker
Ein weiteres Problem, dem es beizukommen gilt, stellt die Zahl der Imker dar. Auch hier wird in den letzten 20 Jahren eine stetige Abnahme verzeichnet. Aber durch das starke Bienensterben der letzten Jahre wird diese Entwicklung beschleunigt. 2002 waren in der Deutschschweiz 16 000 Imker tätig, 2007 wurden noch 14 000 verzeichnet. Für Gallmann eine logische Entwicklung: «Die Imkerei ist heute ein sehr anspruchsvolles Hobby, das viel Fachwissen und Können voraussetzt und es ist verständlich, dass ein Imker oder eine Imkerin, wenn er oder sie einmal oder gar zweimal hintereinander die gesamten Bienenvölker verliert, dann eben aufgibt. Noch ist die Situation aber nicht dramatisch. Es hat noch immer genügend Imker in der Schweiz.»
Vor zwei Jahren wurde das lanciert (kurz für: Prevention of honeybee Colony Loss), eine weltweite Plattform zur Völkerverlustproblematik. «Coloss» führt in 30 Ländern ein Monitoring über das Bienensterben durch. Koordiniert wird das Ganze vom Zentrum für Bienenforschung. «Noch haben wir nicht alle Rückmeldungen aus den verschiedenen Ländern erhalten. Es sind auch noch nicht in allen Ländern Daten erhoben worden. Coloss ist ein Work in Progress», erklärt Peter Gallmann, Leiter Zentrum für Bienenforschung bei der Forschungsanstalt Agroscope.