Arbeiter in Fukushima IDie «Tapferen 50» erwartet der Strahlentod
50 Techniker kämpfen im AKW Fukushima gegen den Super-GAU. Sie werden als Helden gefeiert, doch ihren Einsatz werden sie teuer bezahlen – mit ihrem Leben.
Sie kämpfen um das Leben Tausender und riskieren ihre eigene Gesundheit dafür: die letzten Techniker im AKW Fukushima I. Wer sie sind, weiss niemand. Die Betreiberfirma Tepco gibt keine Informationen über die verbliebenen Arbeiter heraus. Sie schweigt sich auch darüber aus, wie lange die Männer noch gegen den Super-GAU kämpfen müssen. Nicht einmal ihre Zahl ist gewiss: Einige Quellen schreiben von 180 Technikern, andere wiederum von 50. Unbestritten ist für alle: «Diese Arbeiter sind Helden», wie es Greenpeace-Atomexperte Jan Haverkamp formulierte.
Den Super-GAU in Fukushima kann nur noch die Kühlung der Reaktoren und der teilweise trockenliegenden Brennstäbe verhindern. Die Kühlsysteme sind längst ausgefallen. Die Arbeiter kämpfen sich teilweise in völliger Dunkelheit durch die Reaktoren und improvisieren Kühllösungen. Die Gesichter hinter Schutzmasken versteckt, die Körper in weisse Strahlenschutzanzüge gehüllt, setzen sie sich Strahlung von teilweise 400 Millisievert aus. Für Professor Edmund Lengfelder, Strahlenbiologe am Otto Hug Strahleninstituts in München, ist das Schicksal der Arbeiter durch diese Belastung besiegelt. Wie er dem «heute-journal» sagte, werden diese Männer für ihren Einsatz sterben müssen. «Die Höhe der Strahlungsdosis bedeutet, dass eine Person am Reaktor, sei es ein Feuerwehrmann, Bedienungspersonal oder Katastrophenhelfer, innerhalb von 12 Stunden eine Dosis bekommt, von welcher 50 Prozent der so Belasteten innerhalb der nächsten Wochen sterben werden.»
«Verteidigen ein höheres Ziel»
Dass diese Männer trotzdem bleiben und ihr Leben für das Tausender aufs Spiel setzen, rechnen ihnen die Japaner hoch an. Wie Spiegel Online berichtet, werden im Minutentakt auf Twitter Beiträge zu den «Tapferen 50» veröffentlicht. «Wir denken an die 50 Arbeiter, die im AKW Fukushima ihr Leben riskieren, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. VIELEN DANK», schreibt einer. «Sie sind wahre Helden», lässt ein anderer wissen. Strahlenexperte Lengfelder verglich im «heute-journal» diesen todesmutigen Einsatz mit einem gefährlichen Kriegszustand, «wo auch Soldaten sterben, um ein höheres Ziel zu verteidigen».
Wieso die Techniker bleiben, versuchte Arbeitspsychologe Michael Kastner im Interview mit «Zeit Online» zu erklären: «Zum einen überschlagen sich die Ereignisse so rasant, dass kaum Zeit zum Nachdenken und Reflektieren bleibt», so Kastner. Zum anderen komme eine kulturelle Tradition: der starke Glaube, Technik beherrschen zu können, und die japanische Disziplin. «Es gilt in Japan als Schande, seine Pflicht nicht zu erfüllen. Es ist anzunehmen, dass die Mitarbeiter der Atomkraftwerke es als grossen Gesichtsverlust ansähen, wenn sie ihren Familien diese Schande bereiteten.» Die einzige Erlösung aus dieser Pflicht wäre für die autoritätsgläubigen Japaner ein Machtwort der Firma.
Fünf Arbeiter sind bereits gestorben
Der Physiker Sebastian Pflugbeil plädiert auf n-tv.de für ein Abziehen aller Arbeiter. «Die Menschen sind wirklich arme Schweine», so Pflugbeil, Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz. «Die Anlage ist Schrott - ob die da noch Leute verheizen oder nicht. Und irgendwann wird sie auch die Phantasie verlassen, was man da noch machen kann», so Pflugbeil. Wie die «New York Times» schreibt, sind seit dem Beben bereits fünf Arbeiter gestorben, 22 weitere erlitten Verletzungen, zwei gelten noch immer als vermisst. Von den Verletzten habe ein Mann in eine Klinik eingeliefert werden müssen, nachdem er plötzlich Schmerzen im Brustkorb hatte. Ein weiterer wurde bei einer Explosion direkt radioaktiver Strahlung ausgesetzt.