Mit Tsunami-Hilfsgeldern auf Walfang

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ZweckentfremdetMit Tsunami-Hilfsgeldern auf Walfang

Umweltschützer sind empört. Finanzielle Mittel, die eigentlich für den Wiederaufbau Japans nach dem verheerenden Tsunami gedacht sind, fliessen in die Kasse des nationalen Walprogramms.

von
bee

Die japanische Regierung zweigt Hilfsgelder für den Wiederaufbau des Landes nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe im März für den Walfang ab. Die Fischereibehörde bestätigte am Mittwoch entsprechende Vorwürfe der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Mit den eingeplanten 2,28 Milliarden Yen (rund 27 Millionen Franken) sollen unter anderem zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für die Walfänger bezahlt werden, sagte der Behördenvertreter Tatsuya Nakaoku. Vor allem solle das Geld aber für den Wiederaufbau der vom Walfang abhängigen Küstenorte ausgegeben werden.

So sollen etwa Lebensmittelfabriken instandgesetzt werden. «Ausserdem essen in der Region auch viele Menschen Walfleisch», fügte Nakaoku hinzu. Ende Oktober hatte die Regierung in Tokio zum dritten Mal dieses Jahr einen riesigen Nachtragshaushalt für den Wiederaufbau des Landes verabschiedet.

Protestbrief an die Regierung

Für Junichi Sato von Greenpeace Japan sollte kein Zusammenhang zwischen den Hilfsgeldern für den Wiederaufbau und dem Fonds des nationalen Walprogramms bestehen. «Die abgezweigten Gelder werden nur dazu benutzt, die Löcher des finanziell angeschlagenen Fonds zu stopfen», beklagt er sich gegenüber der englischen BBC.

Das Vorgehen hat in Japan eine heftige Kontroverse ausgelöst. In einem Schreiben an den japanischen Premierminister Yoshihiko Noda lassen diverse Umweltaktivisten ihrem Frust freien Lauf: «Wir fordern von der Regierung, keine weiteren Steuergelder in das Walprogramm zu investieren, sondern das Geld in Projekte fliessen zu lassen, die den von der Tsunami-Katastrophe betroffenen Menschen und Regionen helfen», heisst es im Brief, der der britischen Tageszeitung «The Guardian» vorliegt.

Von den zusätzlichen 12,1 Billionen Yen ist ein Posten von 498,9 Milliarden Yen für die Fischerei reserviert, darunter 2,28 Milliarden zur «Stabilisierung des wissenschaftlichen Walfangs».

Jagd zu «wissenschaftlichen Zwecken»

Die japanische Walfangflotte war am Dienstag zu ihrer alljährlichen Jagd in der Antarktis in See gestochen. Die Internationale Walfangkommission (IWC) hatte 1986 zwar ein Moratorium für den kommerziellen Walfang in Kraft gesetzt. Japan nutzt allerdings ein Schlupfloch des Abkommens, indem es Wale offiziell zu wissenschaftlichen Zwecken jagt.

Das Land macht aber kein Geheimnis daraus, dass das Fleisch der erlegten Tiere verkauft wird. Die letzte Walfangsaison in der Antarktis war im Februar nach Störaktionen militanter Walschützer vorzeitig beendet worden.

«Es ist absolut skandalös von der japanischen Regierung, noch mehr Steuergelder in ein unnötiges, unerwünschtes und wirtschaftlich nicht überlebensfähiges Walprogramm zu investieren, wenn Gelder so dringend für den Wiederaufbau benötigt werden», schliesst Junichi Sato, der Geschäftsführer von Greenpeace Japan. (bee/sda)

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