Gehackte Mails heizen Klima-Debatte an

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CyberkriegGehackte Mails heizen Klima-Debatte an

Hacker haben den Server eines britischen Klima-Instituts geknackt und E-Mails sowie Dokumente im Internet veröffentlicht. Für Skeptiker sind sie der Beweis, dass der Einfluss des Menschen auf den Klimawandel übertrieben dargestellt wird.

von
pbl

In zwei Wochen beginnt der Klimagipfel in Kopenhagen. Für Klimaforscher ist es kein Zufall, dass die Hackerattacke auf die University of East Anglia in Norwich ausgerechnet jetzt erfolgte. Hunderte E-Mails und Forschungsergebnisse wurden auf Websites von Skeptikern des Klimawandels veröffentlicht. Nach ihrer Ansicht offenbaren die Dokumente eine geheime Absprache zwischen Wissenschaftlern, um das Ausmass der Klimaerwärmung hochzuspielen.

Die Polizei hat Ermittlungen eingeleitet, teilte die Universität am Wochenende mit. Das Klimainstitut erklärte, dass es nicht möglich sei, die Authentizität aller veröffentlichen Informationen zu verifizieren. Institutsdirektor Phil Jones hat die Echtheit einer seiner Mails bestätigt, wies jedoch den Vorwurf der Datenmanipulation zurück. Der US-Wissenschaftler Kevin Trenberth, dessen Mails ebenfalls gehackt wurden, sagte am Sonntag, die im Internet gestreuten Daten seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.

«Keine Rauchfahne, sondern ein Atompilz»

Eine Zeile aus einem Mail von Trenberth ist den Skeptikern besonders ins Auge gestochen: «Es ist eine Schande, dass wir die derzeit fehlende Erwärmung nicht erklären können.» In einem anderen Mail von 1999 schreibt ein Forscher des Klimainstituts, er habe einen «Trick» angewendet, um den «Rückgang der Temperaturen» in einer Grafik zu verbergen. Daneben enthalten die Dokumente auch abschätzige Bemerkungen über Journalisten und Klimaskeptiker, die unter anderem als «Idioten» bezeichnet werden.

Eines der «Opfer» ist Steven McIntyre, der auf seinem Blog climateaudit.org seit Jahren die offiziellen Daten zum Klimawandel anzweifelt. Gegenüber der «New York Times» bezeichnete er die Enthüllungen als «ziemlich atemberaubend». Der US-Klimatologe Patrick J. Michaels, der den menschlichen Einfluss auf das Klima für überschätzt hält, sagte, die Dokumente seien «keine Rauchfahne, sondern ein Atompilz». Sie zeigten, dass «diese Leute bereit sind, die Regeln zu beugen und den Ruf Andersdenkender auf ernsthafte Weise anzugreifen».

«Wissenschaftler sind auch nur Menschen»

Die angeschossenen Forscher wehren sich. Michael Mann von der Pennsylvania State University sagte der «New York Times», das Wort «Trick» sei unglücklich gewählt. Es werde von Wissenschaftlern jedoch oft verwendet, um einen guten Weg zur Problemlösung zu finden, dahinter verberge sich «nichts konspiratives». Im konkreten Fall sei es um das Problem gegangen, dass gewisse Jahresringe von Bäumen den Temperaturanstieg seit 1960 nicht anzeigen. Es sei seit mehr als zehn Jahren bekannt und nie versteckt worden, erklärte Mann.

Für den Nasa-Klimatologen Gavin A. Schmidt belegen die Dokumente nur, dass auch Wissenschaftler Menschen sind: «Wissenschaft funktioniert nicht, weil wir alle nett sind. Newton war vielleicht ein Arsch, aber seine Gravitationsgesetze gelten noch heute.» Schmidt verweist darauf, dass die Hacker auch versucht hätten, in den unter anderem von ihm betriebenen Blog Realclimate.org einzudringen und die geklauten Mails dort hochzuladen. Der Angriff sei jedoch abgewehrt worden. (pbl/dapd)

60 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen

Zum Kopenhagener Klimagipfel vom 7. bis 18. Dezember haben sich mehr als 60 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt angemeldet. Das teilte der dänische Ministerpräsident Lars Loekke Rasmussen am Montag in Kopenhagen mit. Bislang haben aus Europa unter anderem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und Grossbritanniens Premierminister Gordon Brown ihre Teilnahme verbindlich zugesagt. US-Präsident Barack Obama hat seine Teilnahme bisher offengehalten und erklärt, er werde dann nach Kopenhagen reisen, wenn er damit zu einem guten Ergebnis beitragen könne. Offen ist bisher auch, ob China und Indien, die ebenfalls als Schlüsselländer für die Klimapolitik gelten, durch ihre jeweiligen Staatsspitzen vertreten sein werden. Das Zögern der USA mit der Festlegung auf verbindliche Ziele bei der Verminderung ihrer CO2-Emissionen gilt als ausschlaggebend dafür, dass eine bindende Übereinkunft in Dänemarks Hauptstadt inzwischen ausgeschlossen wird. Angestrebt wird jetzt eine politische Erklärung, die 2010 zu einem völkerrechtlich bindenden Vertrag ausgebaut werden soll. (SDA)

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