Haftbefehl gegen Gaddafi

Aktualisiert

LibyenHaftbefehl gegen Gaddafi

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag hat Haftbefehle gegen Gaddafi und zwei ranghohe Mitglieder seines Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragt.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag hat internationale Haftbefehle gegen den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi, seinen Sohn Saif al-Islam sowie Geheimdienstchef Abdullah Senussi beantragt. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, darunter Morde, Folter, die Verfolgung unschuldiger Menschen und Vergewaltigungen. «Diese Verbrechen gehen weiter, während wir versammelt sind», sagte Chefankläger Luis Moreno-Ocampo bei einer Pressekonferenz in Den Haag.

«Gaddafi hat die Verbrechen verübt, um seine Macht zu sichern.» Die Verdächtigen sollen vor allem für blutige Überfälle von Sicherheitskräften auf friedliche Demonstranten sowie die Tötung von Zivilisten bei Angriffen seiner Truppen auf regierungsfeindliche Rebellen verantwortlich sein.

Ball liegt bei Richtern

Der Chefankläger begründete die Haftanträge in einem mehr als 70 Seiten umfassenden Dossier mit von der Staatsanwaltschaft zusammengetragenem Beweismaterial.

Die Akte wurde den drei Richtern der für Prüfungskammer des IStGH übergeben. Erst wenn sie entscheiden, dass die Vorwürfe hinreichend belegt sind und einen Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigen, können die Haftbefehle tatsächlich ausgestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft Gaddafi und den anderen Verdächtigen persönliche strafrechtliche Verantwortung für die Tötung von mindestens 500 bis 700 Demonstranten vor. Sie legt ihnen zudem den Einsatz schwerer und teils sogar verbotener Waffen - speziell Splitterbomben - gegen Zivilisten sowie gezielte Vergewaltigungen als Mittel zur Einschüchterung der Bevölkerung zur Last.

Mandat vom UNO-Sicherheitsrat

Der UNO-Sicherheitsrat in New York hatte dem Haager «Weltstrafgericht» das Mandat für Ermittlungen im Libyen-Konflikt am 26. Februar einstimmig erteilt.

Bereits am 4. Mai berichtete Moreno-Ocampo dem höchsten politischen Entscheidungsgremium der Weltorganisation, er habe ausreichendes Beweismaterial. «Es wird in Libyen keine Straflosigkeit geben», versprach der Chefankläger.

Angriffe auf Ölhafen

Die Nato flog unterdessen am Sonntagabend dem libyschen Staatsfernsehen zufolge Luftangriffe auf den Ölhafen Ras Lanuf. Die Bomben hätten Methanoltanks getroffen und Lecks verursacht. Zuvor hatte Grossbritannien das Militärbündnis aufgefordert, seine Luftangriffe auf von Truppen Gaddafis kontrollierte Gebiete zu verstärken.

Libysche Rebellen hatten am Sonntag erklärt, sie hätten die Hafenstadt Misrata im Westen des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Die Angaben konnten nicht von unabhängiger Quelle bestätigt werden.

Als weitere Massnahme gegen Gaddafi forderten Staaten der Arabischen Liga bei einem Treffen in Kairo das Betreiberunternehmen des Fernsehsatelliten Arabsat auf, das libysche Staatsfernsehen nicht mehr zu übertragen. Der Arabischen Liga gehört der Satellit. Wann die Entscheidung in Kraft tritt, war zunächst unklar. (sda/dapd)

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