Wirbel um Minarett-LautsprecherMinarett-Lautsprecher werden abmontiert
Im deutschen Rheinfelden sorgen drei Lautsprecher an einem Minarett für viel Lärm - vor allem unter der Bevölkerung. Das «fahrlässige Vorgehen» spiele den Anti-Minarett-Gegnern in der Schweiz in die Hände, glaubt der Vorsitzende des christlich-islamischen Vereins in Rheinfelden.
Es ist Wasser auf die Mühlen der Minarett-Gegner. Das weiss auch Werner Ross, Vorsitzender des christlich-islamischen Vereins im deutschen Rheinfelden. Vor rund drei Wochen installierte die türkisch-islamische Gemeinde im Ort klammheimlich drei Lautsprecher an ihrem Minarett – trotz anders lautender Verträge. Von dort erschallte jeweils am Freitag der Gebetsruf des Muezzin. «Gedankenlos und dilettantisch» sei diese Aktion, ärgert sich Ross. «Die Gegner sehen sich jetzt natürlich wieder bestätigt in ihren Befürchtungen. Nicht zuletzt auch in der Schweiz.»
«Nichts als logisch»
In der Tat. Rund anderthalb Monate vor der emotionsgeladenen Abstimmung über ein Minarett-Verbot in der Schweiz melden sich die Gegner sofort. «Eine solche Eskalation ist nichts als logisch», sagt Ulrich Schlüer, SVP-Nationalrat und Übervater der Anti-Minarett-Initiative dem «Tages-Anzeiger». «Ein Minarett dient dem Zweck, dem Muezzin eine Plattform zu verschaffen.»
Was Schlüer vielleicht nicht weiss: Diese «Eskalations-Plattform» wurde im deutschen Rheinfelden bereits vor Jahren offiziell geschaffen. 2001 stimmte der Gemeinderat dem Bau eines Minaretts und einem Muezzin zu. «Über die Notwendigkeit eines Muezzins war man sich aber selbst in der türkisch-islamischen Gemeinde nicht einig. Einige Mitglieder hielten es für unnötig, weil die Moschee in einem Industriegebiet steht und kein Muslim den Ruf hören würde», so Ross. Der Gemeinderat stimmte dem Muezzin schliesslich mit der Auflage zu, dass dieser nur live vom Minarett rufen darf. Und dies nur zum Freitagsgebet und an zwei Feiertagen im Jahr. «Wir machten damit einen grossen Schritt auf die Muslime zu. Und das war auch gut so!» Die Gemeinde habe sich einwandfrei an die Vorlagen gehalten, der Austausch unter den verschiedenen Religionsvertretern sei sehr gut gewesen - bis ein Getränkehändler vor einigen Tagen die Lautsprecher bemerkte.
«Naiv und dumm»
Auch in Rheinfelden melden sich seither die Stimmen, die sich in ihrer Meinung bestätigt sehen, die Vertreter des Islam würden ihren Machtanspruch ausweiten. Ross allerdings glaubt nicht an eine gezielte Provokation. «Das war einfach naiv und dumm. Die Verantwortlichen haben sich nicht über die bestehenden Verträge informiert», sagt er.
Bestätigt sieht sich der Vorsitzende des christlich-islamischen Vereins von Aussagen Ahmet Cinars. «Die Idee stammt von einem Mitglied unseres Vorstandes, das geglaubt hat, dass es nicht verboten ist, Lautsprecher anzubringen», sagt das Vorstandsmitglied der türkisch-islamischen Gemeinde der «Badischen Zeitung». «Eine Debatte darüber gab es im Vorstand nicht.»
Gemeinde räumt Fehler ein
Die Installation von Lautsprechern zog die Gemeinde aber offenbar schon länger in Betracht. Cinar: «Die Absicht war, die Lautsprecher zu installieren und auszuprobieren und anschliessend eine Genehmigung einzuholen. Das hätten wir jetzt nach Ramadan gemacht, weil wir vorher in der Gemeinde sehr beschäftigt waren.» Cinar räumt Fehler ein: «Die Vorgehensweise war einfach zu naiv von uns. Damit haben wir in der Bevölkerung völlig unnötig für grosse Irritation gesorgt, die eigentlich nicht berechtigt sind.» In diesem Fall habe die Kommunikation nicht funktioniert.
Das sieht Ross genau so. Er nennt das Vorgehen absolut fahrlässig angesichts der brisanten Situation. Es tue ihm leid, dass dieselben Gegner, die sich 2001 vehement gegen den Minarettbau wehrten, wieder Auftrieb erhalten hätten. «Und es tut mir weh für die Gegner der Anti-Minarett-Initiative in der Schweiz.»
Lautsprecher werden abmontiert
Vom Rummel und den Medienanfragen aus der Schweiz überrumpelt, veröffentlichte die türkisch-islamische Gemeinde heute eine Stellungnahme: Sie entschuldige sich und bedauere und werde dafür sorgen, dass die Lautsprecher abmontiert werden. Die Gemeinde unterstreicht bei dieser Gelegenheit, dass mit der Aktion weder «Provokation», «bewusster Vertrauensbruch» noch ein «Austesten von Grenzen» beabsichtigt wurde.