Mord in DubaiMossad-Agenten durch Fotos enttarnt?
Die Ermordung eines Hamas-Funktionärs in Dubai zieht immer weitere Kreise: So sollen mehr Personen beteiligt gewesen sein, als ursprünglich angenommen – darunter ein Doppelagent der Hamas und Mitglieder der Fatah. In Israel wächst die Kritik am Geheimdienst Mossad.
Die Polizei in Dubai hat offiziell den israelischen Geheimdienst Mossad für die Ermordung von Mahmud al Mabhuh am 19. Januar verantwortlich gemacht. Die Ermittlungen hätten gezeigt, dass der Mossad an der Tat beteiligt war, erklärte Polizeichef Dhahi Chalfan am Donnerstag. Es sei «zu 99 Prozent, wenn nicht zu 100 Prozent» sicher, dass der israelische Geheimdienst hinter dem Mordkomplott stecke, sagte er der Regierungszeitung «The National» aus dem Emirat Abu Dhabi.
Am Mittwoch wurden neue Erkenntnisse zum Tathergang veröffentlicht. Als der Hamas-Funktionär gegen 20.30 Uhr von einem Spaziergang in sein Hotelzimmer in Dubai zurückkehrte, wurde er von vier Männern mit Baseballkappen und T-Shirts erwartet, die als «Hinrichtungsteam» bezeichnet werden. Sie erwürgten ihr Opfer und verliessen das Zimmer. Bereits 20 Minuten nach der Tat sollen sämtliche Mitglieder des Mordkommandos das Hotel verlassen haben.
Nicht 11, sondern 17 Täter
Die Behörden im Emirat glauben, dass nicht wie zuerst vermutet 11, sondern 17 Personen beteiligt waren. So zeigen Bilder einer Überwachungskamera eine zweite Frau, die etwa zur gleichen Zeit mit den anderen Killern das Hotel verliess. Sechs der mutmasslichen Täter sind noch nicht identifiziert. Zu ihnen könnten laut dem «Guardian» auch zwei Palästinenser gehören, die von Jordanien nach Dubai ausgeliefert wurden und der Fatah angehören sollen, die sich mit der radikal-islamischen Hamas einen bitteren «Bruderkrieg» liefert.
Ausserdem wurde der Hamas-Funktionär Nehru Massud am Mittwoch in Syrien verhaftet. Er soll Mabhuh nach Dubai begleitet und möglicherweise als «Doppelagent» bei der Operation geholfen haben. Laut israelischen Medien hat die Hamas-Führung in Damaskus eine interne Untersuchung veranlasst, um zu ermitteln, ob sie von Israel infiltriert wurde. «Die Ermordung einer derart wichtigen Person wie Mabhuh liess die Alarmglocken läuten», schrieb die «Jerusalem Post». Nur wenige in der Hamas hätten über die geheimen Aktivitäten von Mabhuh Bescheid gewusst, der für die Beschaffung von Waffen und Geld verantwortlich war.
Namen von sieben Israelis verwendet
In Israel weicht die Genugtuung über die erfolgreiche Operation immer mehr der Kritik. Zwar bestätigt die Regierung in Jerusalem nicht, dass der Mossad hinter der Tat steckt, doch die Indizien sind erdrückend. So steht inzwischen fest, dass die Namen von sieben Israelis mit doppelter Staatsbürgerschaft von den Killern verwendet wurden. Betroffen sind sechs gebürtige Briten und der vor 20 Jahren nach Israel eingewanderte Amerikaner Michael Bodenheimer, dessen Name in einem deutschen Pass auftauchte.
Die Betroffenen zeigten sich schockiert. «Ich bin ein Handwerker. Was wollen die von mir?», fragte etwa Paul Keeley, ein britisch-israelischer Doppelbürger. Seit er erfahren habe, dass sein Name bei der Aktion verwendet wurde, habe er grosse Angst um seine Familie. Michael Barney, der in einem Kibbuz in Galiläa lebt, erklärte, sein Pass sei nicht gestohlen worden, dennoch handle es sich um einen «sehr ernsten» Vorfall: «Es handelt sich um einen Fehler oder einen Fall von Identitätsdiebstahl.»
Kritisiert wird nicht nur der «Missbrauch» unschuldiger Menschen, sondern auch die Tatsache, dass die Killer in den gefälschten Pässen anscheinend ihre echten Fotos verwendet hatten. Sie wurde von der Polizei in Dubai veröffentlicht und weltweit verbreitet, was einer Enttarnung der Agenten gleichkommt. «Sie können nicht einmal mehr im Laden einkaufen», schrieb Eitan Haber, ein enger Mitarbeiter des ermordeten Premierministers Yitzhak Rabin, in der Zeitung «Yediot Ahoronot». Ein Kommentar in der Zeitung «Haaretz» forderte den Rücktritt von Mossad-Chef Meir Dagan.
Botschafter einbestellt
Grossbritannien und Irland bestellten am Donnerstag die israelischen Botschafter ein. Sie sollten klären, wie die Täter gefälschte britische und irische Pässe verwenden konnten. London sei entschlossen, der Sache mit den gefälschten Pässen «auf den Grund zu gehen», sagte der britische Aussenminister David Miliband. Er «hoffe und erwarte» von Tel Aviv, bei den Ermittlungen des «Verbrechens» zu kooperieren. Premierminister Gordon Brown hatte diese Untersuchung am Vortag angekündigt.
Der israelische Botschafter in London, Ron Pasor, sagte nach dem Treffen im Aussenministerium, er habe keine zusätzlichen Informationen. Sein Pendant in Dublin, Zion Evrony, sagte, er wisse nichts über den Mord in Dubai. Der irische Aussenminister Micheal Martin erklärte, es handle sich um einen «ausserordentlich ernsten Fall», der die Sicherheit irischer Bürger aufs Spiel setze.
Teil 1 der Überwachungsvideos zum Mord in Dubai...
...Teil 2: Die Mörder kommen im Hotel an...
...Teil 3: Was vor und nach dem Mord geschah. (Videos: YouTube)