Gaza-Streifen«Donnerstag ist Viagra-Tag»
Die Versorgungslage im Gaza-Streifen ist nach wie vor prekär. Israel schränkt Warenimporte an den Grenzübergängen rigoros ein. Der Schmuggel durch neuerbaute Tunnels blüht. Vor allem das Potenzmittel Viagra findet in rauen Mengen seinen Weg ins Palästinenserland.
Balsam für die kriegsversehrten Seelen der Palästinenser-Männer: Von einem regelrechten Viagra-Boom im Gaza-Streifen berichtet «Spiegel Online». Durch die Schmuggeltunnel in Rafah an der Grenze zu Ägypten werde das potenzsteigernde Mittel in rauen Mengen eingeführt.
Medikamentenschmuggel boomt
Die Zerstörung der Schmuggelwege durch die Israelis im Gaza-Krieg von Anfang Jahr hat seinen Zweck offenbar verfehlt: Das deutsche Online-Magazin interviewte einen anonymen Schmuggler, laut dem inzwischen grössere Tunnels gegraben worden seien, durch die man problemlos hohe Kühlschränke transportieren könne. Im Moment blühe aber vor allem der Handel mit einer viel kleinere Ware: Tausende von Medikamenten-Packungen gelangen auf illegalem Weg in den Gaza-Streifen. Vor allem Viagra werde stark nachgefragt, so der Schmuggler.
Stress und Depression im Gaza-Streifen
Ein Apotheker aus Gaza-Stadt bestätigte gegenüber Spiegel-Online, dass seine Umsatzszahlen vor allem von der kriegsversehrten Seele der Palästinenser profitieren. Anti-Depressiva und Potenzmittel haben laut Apotheker Hussam al-Halu Hochkonjunktur im Gaza-Streifen. «Eigentlich ist Viagra etwas für ältere Männer», sagte Halu, «aber die meisten meiner Kunden sind zwischen 20 und 35 Jahre alt, sie sollten eigentlich keine Hilfe benötigen. Offenbar leiden sie unter Stress und Depressionen.»
«Donnerstag ist Viagra-Tag»
Da Potenzschwäche in der palästinensischen Männergesellschaft ein Tabu ist, liessen sich die betroffenen Männer das Medikament gar nicht erst vom Arzt verschreiben. Der Verkauf der blauen Pille geschehe trotz Rezeptpflicht oft geradewegs über den Ladentisch der Apotheken.
Noch vor wenigen Jahren sei der Einsatz von Viagra tabu gewesen für die palästinensischen Männer. Doch heute schritten nicht einmal mehr die Islamisten im Gaza-Streifen gegen den Handel mit dem Potenzwunder ein. Grund: Sogar strenggläubigen Moslems ist es erlaubt, Medikamente zur Steigerung der Manneskraft einzunehmen, so lange sie nur verheiratet sind. Auch Verhütung ist verheirateten Muslimen nicht verboten.
Der Verkauf der rautenförmigen Pillen schnellt laut Apotheker Halu in die Höhe, wenn über Gaza-Stadt eine Ausgangssperre verhängt wird, oder wenn der muslimische Ruhetag -der Freitag- ansteht. Für Hussam al-Halu gilt darum: «Donnerstag ist Viagra-Tag.»
(kbr)