Auf Israelis warten Bomben und 20 000 Soldaten

Aktualisiert

Bodenoffensive in GazaAuf Israelis warten Bomben und 20 000 Soldaten

Seit Tagen hat Israel den militanten Palästinensergruppen eine Bodenoffensive angekündigt, nun machte die Armee ihre Drohung wahr. Im Gazastreifen sind 16 500 bewaffnete Soldaten bereit, weitere rund 4000 werden wohl hinzukommen. Autobomben und mit Sprengstoff gefüllte Tunnels werden den israelischen Soldaten das Leben buchstäblich schwer machen.

Am Samstagabend drangen Soldaten, Panzer und Infanterie in das Palästinensergebiet ein. Mehr als 700 Luftangriffe hat die israelische Luftwaffe innerhalb einer Woche gegen Ziele der Hamas im Gazastreifen geflogen. Die Palästinenserorganisation zeigte sich zumindest verbal ziemlich unbeeindruckt.

Der Chef des Politbüros der Hamas, Chaled Maschaal, sagte in Damaskus: «Die Widerstandsgruppe und ihre Organisationsstruktur sind ausgezeichnet, und die Verluste sind geringfügig». Und dann warnte Maschaal die israelische Armee vor Beginn der Offensive: «Ihr Soldaten der Besatzungsmacht müsst begreifen, dass auf Euch das dunkle Schicksal von Tod, Verletzung und Gefangennahme wartet».

Widerstand zu erwarten

Seit Tagen listen israelische Militärkommentatoren auf, was alles auf die Soldaten im Gazastreifen zukommt. Nach Erkenntnissen der Geheimdienste hat die Hamas Tunnel gegraben und mit Sprengstoff gefüllt, die sie explodieren lassen will, wenn sich Truppen darüber hinwegbewegen.

Bomben mit grosser Sprengkraft sowie mit Sprengstoff gefüllte Autos sind entlang von Strassen positioniert worden. Die Hamas soll Landminen und Panzerfäuste in grossen Mengen besitzen. Scharfschützen und Selbstmordattentäter warten bereits.

Mehr als 16 500 gut ausgebildete Mann hat die Hamas unter Waffen. Das ist keine Miliz mehr, sondern eine Armee. 3000 bis 4000 weitere Soldaten sollen die anderen militanten Palästinensergruppen entsenden.

Es ist in Gaza ein offenes Geheimnis, dass die Hamas-Offiziere im Iran, in Syrien und in Libanon ausgebildet wurden. Seit der gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen vom Juni 2007 bereitet sich die Hamas gewissenhaft auf den Häuser- und Strassenkampf vor - mit einer Guerilla-Taktik.

Raketen reichen weiter

Warum beginnt die Bodenoffensive jetzt? Mit den Luftschlägen wollte Israel eigentlich die militanten Palästinensergruppen zwingen, den Raketenbeschuss von israelischen Städten aufzugeben. Vergeblich: Seit vergangenem Samstag schlugen mehr als 450 Raketen auf israelischem Boden ein. Vier Israelis wurden getötet und Dutzende weitere verletzt.

7,3 Millionen Israelis bedroht

Die Reichweite der Hamas-Raketen ist zwischenzeitlich bis auf 40 Kilometer gestiegen. Jetzt sind nach Polizeiangaben rund eine Million von 7,3 Millionen Israelis durch den Raketenbeschuss gefährdet, statt der 125 000 vor Beginn der Militäroffensive.

Für die israelische Armee ist in den vergangenen Tagen auch deutlich geworden, dass die Hamas-Gegner aus vielen Gründen nicht die Gunst der Stunde nutzen, um zu putschen. Einer der Gründe ist, dass die Anhänger von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nicht auf israelischen Panzern zurück an die Macht kommen wollen - sie wären in der arabischen Welt diskreditiert.

Bevölkerung gegen Bodenoffensive

Die Unterstützung für den Beginn des Militäreinsatzes war in Israel selbst nach einer Woche gross. Nach einer Umfrage der Tageszeitung «Maariv» unterstützen 85 Prozent der Befragten die laufende Militäroffensive.

Aber jetzt beginnt für Regierung und Armee das Problem: Nur 42 Prozent wünschten sich eine Bodenoffensive. Dazu kommt, dass am 10. Februar in Israel ein neues Parlament gewählt wird. Der Ausgang der Militäroffensive ist für Erfolg oder Misserfolg der gegenwärtigen Regierungskoalition mitentscheidend.

USA verunmöglichen Waffenruhe in Gaza

Ein Entschluss für einen Waffenstillstand ist im Weltsicherheitsrat am Widerstand der USA gescheitert. Eine neuerliche Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand würde von der Hamas nicht befolgt und wäre daher der Glaubwürdigkeit des Weltsicherheitsrats abträglich, sagte der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter Alejandro Wolff am Samstag in New York.

Die Initiative ging von arabischen Staaten aus. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich am Samstag für einen sofortigen Waffenstillstand aus. Er sei «zutiefst besorgt über die ernsthafte weitere Eskalation» im Nahen Osten, hiess es in einer in New York verbreiteten Erklärung. Ban telefonierte mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert. Dabei habe er seine Enttäuschung über den Einmarsch von Bodentruppen zum Ausdruck gebracht.

Der libysche UN-Botschafter Giadalla Ettalhi kritisierte, dass sich die USA allen Bemühungen um einen Kompromiss widersetzt hätten. Der britische UN-Botschafter John Sawers sagte, er sei «sehr enttäuscht», dass keine Entschliessung zustande gekommen sei.

(sda)

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