Bush und 9/11Protokoll einer Hiobsbotschaft
Als zwei Flieger das World Trade Center zerstörten, besuchte George W. Bush gerade eine Grundschule. Diese TV-Aufnahmen zeigen die Reaktion des US-Präsidenten auf die Nachricht.

Andy Card klärt am 11. September 2001 George Bush über den Einschlag des zweiten Fliegers auf.
Als das erste Flugzeug am 11. September um 8.46 Uhr in den ersten der beiden Türme des World Trade Centers stürzt, ist der Tross des Präsidenten gerade in der E. Booker Grundschule in Sarasota, Florida angekommen. Noch bevor George Walker Bush das Klassenzimmer betritt, wo er über Lesen und Lernen sprechen will, informiert ihn sein Berater Karl Rove über den Vorfall in New York. Bush vermutet einen Pilotenfehler hinter der Sache und telefoniert mit Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, die um 8.55 Uhr aber noch keine genaueren Informationen liefern kann, wie der US-Untersuchungsbericht zu den Terroranschlägen besagt.
Während in Washington und New York diverse 9-Uhr-Konferenzen beginnen, tritt George Bush vor die Grundschul-Klasse. Er redet mit den Kindern über seinen Hund Barney, verteilt Schokolade, deren Verpackung das Siegel des Präsidenten ziert und schliesslich nehmen alle das Buch «My Pet Goat» (Meine Hausziege) vor die Nase, aus dem die Kleinen vorlesen. Um 9.05 Uhr kommt Bushs Stabschef Andrew Card in den Raum und flüstert seinem Boss etwas ins Ohr: «Ein zweites Flugzeug hat den zweiten Turm getroffen. Amerika wird angegriffen.» Nach diesen Worten tritt Card einen Schritt zurück.
Hier erfährt Bush vom Einschlag des zweiten Fliegers. Quelle: YouTube
«Bush sah aus, als hätte er Schreckliches gehört»
Der Überbringer der Hiobsbotschaft handelt bewusst so, um Nachfragen zu vermeiden. «Ich wollte kein Gespräch mit dem Präsidenten über einen Terrorangriff vor Schülern und Journalisten führen», sagte der Stabschef der «Frankfurter Allgemeinen SonntagsZeitung» (FAS) über den Moment. Zwei Mal schaut Card noch, ob Bush aufsteht. Dann verlässt er den Klassenraum. Den Kindern bleibt nicht verborgen, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. «Bush sah aus, als hätte er Schreckliches gehört. Als würden ihm Millionen Dinge durch den Kopf gehen», sagte Chantal Guerrero, die damals Schülerin war. Ihr Klassenkamerad Lazaro Dubrocq ergänzte in der FAS: «Ich habe an diesem Tag verstanden, dass die Vereinigten Staaten verletzlich sind.»
Der Präsident bleibt rund sieben Minuten sitzen, bevor er aufsteht und geht. In einem Nachbarraum mit Fernsehen und Telefonen wird ein Konferenzzimmer eingerichtet und die Lage erörtert. Bush telefoniert mit Vizepräsident Dick Cheney, Condoleezza Rice, mit dem Gouverneur des Bundesstaates New York George Pataki und mit FBI-Direktor Robert Mueller. Der Secret Service drängt schliesslich darauf, Bush an einen sicheren Ort zu bringen, wie der Abschlussbericht der 9/11-Untersuchungskommission zeigt. Bevor der erste Mann des Staates die Schule verlässt, gibt er ein kurzes Statement zu den Anschlägen ab.
Wie kontrovers Bushs Reaktion diskutiert wurde, zeigt dieses MSNBC-Interview mit Bill Maher, einem sehr politischen HBO-Moderator und TV-Comedian. Quelle: YouTube