Gewissensprüfung wird abgeschafft

Aktualisiert

Faktor 1,5 für ZivildienstGewissensprüfung wird abgeschafft

Die Gewissensprüfung für die Zulassung zum Zivildienst wird abgeschafft. Der Nationalrat hat die letzten Differenzen im Zivildienstgesetz bereinigt und einen Vorschlag von FDP und SVP für einen noch längeren Zivildienst verworfen.

Wer es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, Militärdienst zu leisten, muss nicht mehr zur Gewissensprüfung antreten. Es genügt die Bereitschaft, einen Zivildienst zu leisten, der 1,5 Mal so lange dauert wie der verweigerte Militärdienst.

Das revidierte Zivildienstgesetz ist bereit für die Schlussabstimmung am 3. Oktober. Die volle Dienstzeit für Zivildienstleistende beträgt rund 390 Tage gegenüber in der Regel 260 Diensttagen in der Armee. Muss nur noch der Tatbeweis erbracht werden, können pro Jahr bis zu 3,7 Mio. Franken eingespart werden.

Die Zulassungskommission mit 102 Mitgliedern wird aufgelöst. 10 Stellen im Volkswirtschaftsdepartement fallen weg. Das neue Gesetz tritt voraussichtlich im kommenden Frühjahr in Kraft. Der Bundesrat rechnet nicht damit, dass die vereinfachte Zulassung zum Zivildienst eine starke Zunahme von Gesuchen auslösen wird.

Die Wehrpflichtersatzabgabe wird voraussichtlich ab 2010 von 200 auf mindestens 400 Franken erhöht. Damit sollen Wehrpflichtige davon abgehalten werden, sich auf dem «blauen Weg» ausmustern zu lassen. Dies führt zu Mehreinnahmen für Bund und Kantone von rund 2 Millionen Franken pro Jahr.

Verzicht auf Verlängerungsmöglichkeit

Der Nationalrat bereinigte am Donnerstag letzte Differenzen im Zivildienstgesetz. Mit 91 zu 84 Stimmen verzichtete er auf die Möglichkeit, den Zivildienst auf das 1,8-Fache des verweigerten Militärdienst zu verlängern, wenn die Armee wegen zu starken Zulaufs zum Zivildienst über zu wenig Personal verfügen sollte.

Der Rat folgte einer von SP, Grünen und der CVP/EVP/glp-Fraktion unterstützten Minderheit der Sicherheitspolitischen Komission. Auch der Ständerat und der Bundesrat hatten diese vom Nationalrat vorgeschlagene Ergänzung des Gesetzes abgelehnt.

Es sei falsch, die Dauer des aus Gewissensgründen gewählten Zivildienstes über den Personalbestand der Armee zu steuern, sagte Minderheitssprecher Hans Widmer (SP/LU). Niemandes Gewissen sei verhandelbar, ergänzte Geri Müller (Grüne/AG).

Rasche Reaktion ermöglichen

Die von SVP und FDP unterstützte Mehrheit hätte die Verlängerung ins Gesetz schreiben und auf der Differenz gegenüber dem Ständerat beharren wollen. Die FDP halte am Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht fest, sagte Sprecher Walter Müller (SG). Eine freie Wahl zwischen Militär- und Zivildienst stehe nicht zur Debatte.

Hätte die Armee als Folge eines grösseren Zulaufs zum Zivildienst ihren Personalbedarf in drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht decken können, hätte gemäss der SIK-Mehrheit die Bundesversammlung den Zivildienst verlängern können. Dies hätte eine rasche Reaktion ohne gesetzgeberisches Prozedere ermöglicht.

Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard stellte fest, dass in der SIK ob der Frage Zivildienst kontra Militärdienst offenbar ein Grabenkampf um den Bestand der Armee entbrannt sei. «Da staune ich schon ein wenig.» Das angeführte Notfallszenario dürfte nach Einschätzung des Bundesrates kaum je eintreten. (sda)

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