Eine neue Sicht auf den «Panzermann»

Aktualisiert

20 Jahre nach TiananmenEine neue Sicht auf den «Panzermann»

Der «Tank Man» vom Tiananmen ist legendär. Nun ist eine Aufnahme aufgetaucht, die das Geschehen aus einem neuen Blickwinkel zeigt – und die Tat des «unbekannten Rebellen» noch beeindruckender wirken lässt.

Peter Blunschi
von
Peter Blunschi

Mehrere Fotos und Videos existieren vom Mann mit den Einkaufstaschen, der sich den Panzern in den Weg stellte und dessen Identität bis heute ein Geheimnis ist (20 Minuten Online berichtete). Sie wurden aus den oberen Stockwerken des Peking Hotel aufgenommen, in dem viele westliche Reporter logierten. Zu ihnen gehörte der Fotograf Terril Jones, der sich im Auftrag der Agentur Associated Press seit einigen Wochen in Peking befand, um über die Demokratiebewegung auf dem Tiananmen zu berichten.

Am 5. Juni 1989, dem Tag nach dem Massaker, blieben die meisten Journalisten im Hotel. Jones aber begab sich vor die Tür, «angetrieben vom Adrenalin und dem Wunsch, nahe am Geschehen zu bleiben», wie er in einem E-Mail an die «New York Times» erklärte: «Ich hörte, wie die Panzer auf der Changan Avenue heranrückten. Als ich mich der Strasse näherte, wurden Schüsse aus Richtung der Panzer abgefeuert. Die Leute duckten sich, schrien und rannten in meine Richtung. Ich hob die Kamera und machte genau eine Aufnahme, bevor ich ebenfalls hinter Büschen und Bäumen in Deckung ging.»

Einige Sekunden früher

Terril Jones blieb noch einen Monat in Peking. Erst als er nach seiner Rückkehr nach Tokio, wo er damals lebte, die Negative sichtete, erkannte er, was er abgelichtet hatte: den «Panzermann», der zwischen den Bäumen links zu erkennen ist. Die Distanz zu den Panzern zeigt, dass die Aufnahme einige Sekunden vor den berühmten Fotos entstand. Sie ist auch sonst ein faszinierendes Dokument, gibt sie doch einen guten Eindruck von der angespannten Stimmung am Tag nach dem Massaker.

Vor allem aber lässt sie die Tat des «unbekannten Rebellen» (so das Magazin «Time») noch beeindruckender wirken, denn während die Männer im Vordergrund vor den Schüssen flüchteten, blieb er seelenruhig auf der Strasse stehen. Fotograf Jones entschied sich damals trotzdem, das Bild nicht zu veröffentlichen, aus Respekt vor den ikonenhaften Fotos. Ausserdem bedauerte er, «dass ich trotz den Schüssen nicht länger geblieben bin und mehr Fotos gemacht habe». 20 Jahre danach aber sei der Zeitpunkt gekommen, um das Bild zu veröffentlichen, hielt Jones fest.

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