Wüster Fackellauf in London

Aktualisiert

Wüster Fackellauf in London

Beim Fackellauf durch die britische Hauptstadt lieferten sich Demonstranten heute wiederholt Rangeleien mit Sicherheitskräften. Ein Demonstrant versuchte die Fackel mit einem Feuerlöscher auszublasen.

2000 Polizisten waren aufgeboten, um den 50 Kilometer langen Weg des Feuers vom Wembley-Stadion nach Greenwich zu sichern. 30 Personen wurden nach Polizeiangaben festgenommen.

Bürgerrechtler und Tibet-Aktivisten wollten mit den Protestaktionen auf die Menschenrechtssituation in China aufmerksam machen. In West-London versuchte ein Demonstrant, die Flamme einem TV-Moderator zu entreissen. Ein weiterer Demonstrant versuchte, die Flamme mit einem Feuerlöscher auszublasen. An der Stelle, an der der chinesische Botschafter Fu Ying die Fackel übernehmen sollte, war die Zahl der Demonstranten besonders gross. Der Ablauf wurde deshalb geändert, Fu ergriff die Fackel anders als geplant in Chinatown.

An der Westminster-Brücke in der Nähe des Parlaments enthüllten zwei Aktivisten bereits am Samstag ein Transparent mit der Aufschrift «Eine Welt, ein Traum: Befreit Tibet 2008.» Der Text war eine Anspielung auf das offizielle chinesische Olympia-Motto: «Eine Welt, ein Traum». Die Polizei nahm vier Personen fest.

Brown will nach Peking reisen

Der britische Premierminister Gordon Brown bekräftigte seine Absicht, im August zu den Olympischen Spielen nach Peking zu reisen. Nicht einmal der Dalai Lama habe sich für einen Boykott ausgesprochen, sagte Brown am Samstag am Rande einer Konferenz in Watford. Am Sonntag begrüsste er die Flamme vor seinem Amtssitz in der Downing Street. Nur wenige Meter entfernt kam es zu Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Dagegen hält sich der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy die Option offen, nicht zur Eröffnungsfeier zu erscheinen. Einen Bericht, wonach Sarkozy seine Teilnahme von diversen Bedingungen abhängig mache, relativierte die Regierung am Wochenende. Die Zeitung «Le Monde» hatte die französische Staatssekretärin für Menschenrechte, Rama Yade, mit den Worten zitiert, der Präsident fordere ein Ende der Gewalt in Tibet sowie die Freilassung der politischen Gefangenen, eine Aufklärung der Ereignisse in Tibet und den Beginn eines ernsthaften Dialogs mit dem Dalai Lama. Yade erklärte am Samstag, das Wort «Bedingungen» sei nie gefallen.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) steht wegen seiner frühen Absage an einen möglichen Olympia-Boykott zunehmend in der Kritik. «Es war unnötig, so früh zu sagen, dass es keinen Boykott geben soll», sagte der mit dem Dalai Lama befreundete hessische Ministerpräsident Roland Koch der «Welt am Sonntag». DOSB-Ehrenpräsident Manfred von Richthofen erklärte: «Dieses unsensible Vorgehen macht mich betroffen.»

Rogge: Kein Rückhalt für Boykott

Der Präsident des Internationalen Olympische Komitees (IOC), Jacques Rogge, sieht die anhaltenden Diskussionen über einen Olympia-Boykott gelassen. Auf Regierungsebene gebe es keinen Rückhalt für einen Boykott, sagte Rogge am Samstag in Singapur. Lediglich die Teilnahme an der Eröffnungsfeier werde diskutiert.

Das olympische Feuer traf am Samstag aus St. Petersburg kommend in London ein. Am Montag soll die Fackel durch Paris getragen werden, auch dort sind Demonstrationen geplant.

Insgesamt soll das olympische Feuer eine Strecke von 137 000 Kilometern zurücklegen - durch 20 Länder auf fünf Kontinenten. Es ist der längste Fackellauf in der Geschichte der Spiele und auch derjenige mit den meisten Läufern. Die Olympischen Sommerspiele in Peking beginnen am 8. August.

$$VIDEO$$ (dapd)

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