Heiliger im Exil

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TibetHeiliger im Exil

Der Dalai Lama: Ein Teufel für das kommunistische Regime in Peking, spirituelles und politisches Oberhaupt für viele Tibeter, eine Art populärer Guru für manche Westler. Am 6. Juli 2009 wird «seine Heiligkeit» 74.

Daniel Huber
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Daniel Huber

Der kleine Junge war erst zwei Jahre alt, als zwei Mönche in ihm die 14. Reinkarnation des Dalai Lama erkannten — ein Ereignis, das sein Leben endgültig und radikal ändern sollte. Danach «waren wir keine gewöhnliche Familie mehr, in der sich die Geschwister gegenseitig necken, in der die Kinder gemeinsam herumrennen und miteinander spielen», sagte seine Schwester Jetsun Pema dem deutschen Magazin «Gala». «Es war ihm nicht erlaubt herumzutollen.»

Inthronisierung mit viereinhalb Jahren

Aus dem Bauernjungen Lhamo Dhondrub wurde der Mönch Tenzin Gyatso; mit vier Jahren verliess er sein Heimatdorf Takster in der nordosttibetischen Provinz Amdo und zog in die Hauptstadt Lhasa, wo er fortan im Potala wohnte, dem Palast mit den 1000 Zimmern.

Hier übernahmen buddhistische Mönche seine Erziehung und Ausbildung. Am 22. Februar 1940 wurde er feierlich als 14. Dalai Lama, Nachfolger des 1933 verstorbenen Thubten Gyatso, inthronisiert.

«Ozean der Weisheit»

Der Dalai Lama (mongol. «Ozean der Weisheit») ist in spiritueller Hinsicht eine Inkarnation von Avalokiteshvara, dem Bodhisattva (Erleuchtungswesen) des Mitgefühls und Schutzpatron Tibets.

In politischer Hinsicht obliegt dem Dalai Lama die Führung des tibetischen Staatswesens. Dem gegenwärtigen Dalai Lama wurde die weltliche Herrschaft am 17. November 1950 übertragen — früher als sonst üblich, denn in dieser Zeit erfolgte die Besetzung Tibets durch die chinesische Volksbefreiungsarmee.

Flucht ins Exil

Mit den ganz und gar nicht spirituellen chinesischen Machthabern, die von nun an in Tibet das Sagen hatten, versuchte sich der Dalai Lama vergeblich zu arrangieren. 1954 reiste er zu Mao Zedong nach Peking, um die dort die Sache Tibets zu vertreten.

1959 entlud sich schliesslich die tibetische Wut über die chinesische Fremdherrschaft in einem blutigen Aufstand. Der Dalai Lama floh über den Himalaya ins Exil — seither beschränkt sich seine weltliche Macht auf die Führung der tibetischen Exilregierung im indischen Dharamsala, dem «kleinen Lhasa».

Nobelpreis

1963 verkündete der Dalai Lama schliesslich eine Verfassung, die auf demokratischen Prinzipien fusst und ihm als Staatsoberhaupt vornehmlich repräsentative Funktionen zuweist — sollte sie denn jemals in Tibet in Kraft treten.

Sein unablässiges Eintreten für eine gewaltfreie Veränderung der Lage Tibets — nicht immer zur Freude der militanteren Fraktion der tibetischen Patrioten — wurde 1989 mit dem Friedensnobelpreis honoriert. In diesem Jahr kam es in Tibet zu blutigen Protesten gegen die chinesische Zentralmacht, die umgehend das Kriegsrecht verhängte.

Im Dienste Tibets

Mittlerweile ist der Dalai Lama über 70 Jahre alt. Aber immer noch stellt er seine Kräfte unablässig in den Dienst der tibetischen Sache. Als Kopf einer nahezu machtlosen Exilregierung hat er sich darauf verlegt, die öffentliche Meinung für die Belange Tibets zu mobilisieren. Dabei weiss sich seine Heiligkeit geschickt der Medien zu bedienen, und seine Popularität zumal im Westen ist enorm.

Der lange Arm Pekings aber sorgt dafür, dass dem Dalai Lama manche Tür verschlossen bleibt. Obwohl er für Tibet lediglich eine Autonomie innerhalb Chinas anstrebt, und nicht eine völlige Lösung des Landes aus dem chinesischen Staatsverband, wird er von der chinesischen Führung als «separatistischer Teufel» gebrandmarkt. Und da das wirtschaftliche und politische Gewicht Chinas immer mehr zunimmt, sind nur wenige westliche Regierungen bereit, mehr als Lippenbekenntnisse für die Freiheit Tibets zu leisten.

Quelle: Wikipedia.org

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