SyrienDemonstrationen gehen trotz Gewalt weiter
Die Proteste in Syrien werden auch durch das blutige Vorgehen der Regierung nicht unterbrochen. Am Samstag gingen wieder tausende Menschen auf die Strassen.
Genaue Angaben über die Zahl der Opfer in Syrien lagen nicht vor. Bei den Zusammenstössen in Syrien sind nach Einschätzung von Amnesty International mindestens 55 Menschen ums Leben gekommen. Sicherheitskräfte hätten Demonstranten in der Stadt Sanamein beschossen, berichtete die Menschenrechtsorganisation.
Trotzdem sind nach der blutigen Niederschlagung von Protesten in Syrien am Samstag in der Stadt Daraa im Süden des Landes erneut tausende Menschen auf die Strasse gegangen. Wie schon in den vergangenen Tagen verlangten sie politische Reformen und bürgerliche Freiheiten.
Nach Informationen der oppositionellen Facebook-Seite «Youth Syria for Freedom» brannten Demonstranten in Daraa am Samstag den Sitz der herrschenden Baath-Partei nieder. Laut Augenzeugen kam es in der Stadt erneut zu Ausschreitungen mit Sicherheitskräften.
Darüber hinaus liefen in Daraa stationierte Armee-Offiziere zu den Regimegegnern über. Durch andere Quellen konnten diese Angaben zunächst nicht bestätigt werden.
Auch in der nördlichen Hafenstadt Latakia hielten die Proteste gegen das Regime an. Zwei Demonstranten seien erschossen worden, als sie versuchten, Gebäude der Baath-Partei in Brand zu setzen, teilte der Menschenrechtsaktivist Ammar Karabi der Nachrichtenagentur Reuters mit.
Medien ausgeschlossen
Das Regime in Damaskus verschwieg die blutigen Unruhen weitestgehend. Journalisten wurde der Zugang zu den Orten der Demonstrationen verwehrt.
Die staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete am Samstag lediglich, dass am Vortag «bewaffnete Gruppen» eine Offiziersmesse in Homs und ein Armeehauptquartier in Al-Sanamien bei Daraa angegriffen hätten. In Homs sei eine Person, in Al-Sanamien seien «mehrere Bewaffnete» getötet worden.
Die südliche Provinz Daraa ist der Brennpunkt der seit einer Woche dauernden Proteste in Syrien. Nach Angaben von Amnesty International haben die syrischen Sicherheitskräfte in dieser Zeitspanne dort insgesamt 55 Menschen getötet.
Nach dem Freitagsgebet war es erstmals auch in anderen Städten Syriens zu grösseren Kundgebungen für Freiheit und Reformen gekommen.
Wichtige Entscheide angekündigt
In Damaskus trat indes die Führung der Baath-Partei zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen zusammen. Das staatliche Fernsehen kündigte an, dass «einige wichtige Entscheide» bevorstünden.
Darunter fielen die Freilassung weiterer politischer Gefangener und eine Regierungsumbildung. Bereits am Donnerstag hatte eine Sprecherin von Präsident Baschar al-Assad politische Reformen in Aussicht gestellt, darunter die Öffnung in Richtung eines Mehrparteiensystems.
Häftlinge entlassen
Die syrischen Behörden entliessen in den vergangenen Tagen mehr als 200 politische Häftlinge aus den Gefängnissen, die meisten von ihnen Islamisten, berichteten Menschenrechtsaktivisten. Der Präsident der syrischen Menschenrechtsliga, Abdel Karim Rihaui, sprach von 260 politischen Gefangenen, die am Freitagabend freigelassen worden waren.
Rihaui forderte die Freilassung aller politischen Häftlinge. Die Zahl der aus politischen Gründen inhaftierten Menschen gehe in die Tausende. Von der Regierung war zunächst keine Bestätigung zu erhalten. (sda)