Assad spricht von «neuer Ära» in Nahost

Aktualisiert

Reformen in SyrienAssad spricht von «neuer Ära» in Nahost

Wankt nun auch das repressive Regime in Syrien? Auf Facebook kursieren Aufrufe für Demonstrationen. Präsident Baschar al-Assad kündigte in einem Interview Reformen an.

von
pbl
Baschar al-Assad bei einem Staatsbesuch in Frankreich im letzten Dezember.

Baschar al-Assad bei einem Staatsbesuch in Frankreich im letzten Dezember.

Die Proteste in Ägypten, Tunesien und Jemen seien der Auftakt zu einer «neuen Ära» im Nahen Osten, sagte Assad dem «Wall Street Journal». Die arabischen Herrscher müssten mehr tun, um die politischen und wirtschaftlichen Ansprüche ihrer Völker zu befriedigen. Er wolle sich für politische Reformen in seinem Land einsetzen, so der Präsident.

Die Ankündigung lässt aufhorchen, denn das syrische Regime gilt als eines der repressivsten in der Region. Baschar al-Assad wurde im Juni 2000 mit erst 34 Jahren Nachfolger seines verstorbenen Vaters Hafis, der sein Land zuvor 30 Jahre lang mit eiserner Faust regiert hatte. Hoffungen auf ein Tauwetter zerschlugen sich rasch. Baschar setzte zwar einige wirtschaftliche Reformen um, politisch aber blieb Syrien ein Polizeistaat.

Mehr Zeit für Reformen?

Beobachter spekulierten, dass der jüngere Assad eine Lockerung anstrebte, jedoch vom Sicherheitsapparat daran gehindert wurde. Im Interview mit dem «Wall Street Journal» gab er zu, dass der politische Reformprozess weniger schnell verlaufen sei, als er sich vorgestellt habe. Er betonte aber auch, sein Land müsse erst die notwendigen Institutionen aufbauen und das Bildungssystem verbessern, um sich politisch öffnen zu können.

Konkret kündigte Assad Gemeindewahlen, mehr Einfluss für Nichtregierungsorganisationen und ein neues Mediengesetz an. Er zeigte sich überzeugt, dass er im Gegensatz zu Hosni Mubarak mehr Zeit für Reformen haben werde, weil er mit seiner antiamerikanischen Haltung und seinen Konfrontationskurs gegenüber Israel näher an der Grundstimmung in seinem Volk sei. «Syrien ist stabil», betonte der Präsident.

Aufruf für «Tag des Zorns»

Doch auch im syrischen Volk brodelt es. Auf mehreren Facebook-Seiten wurden Aufrufe für einen «Tag des Zorns» am nächsten Samstag veröffentlicht, schreibt das Middle East Media Research Institute (MEMRI) in Washington. Im ganzen Land sollen friedliche Demonstrationen gegen das Regime stattfinden. Allerdings stellte das MEMRI auch fest, dass die Resonanz verglichen mit Ägypten und Tunesien bislang bescheiden ist.

Die Behörden rüsten sich offenbar, um eine mögliche Ausbreitung der Proteste auf ihr Land im Keim zu ersticken. Sie sollen am letzten Samstag eine Solidaritätskundgebung mit den aufständischen Ägyptern vor der ägyptischen Botschaft in Damaskus verhindert haben. Sicherheitschef Ali Mamluk soll sich mit Provinzgouverneuren und Polizeioffizieren getroffen haben, um sich auf mögliche Proteste vorzubereiten.

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