Abstimmung am 13. Februar58 Prozent sagen Nein zur Waffen-Initiative
Laut einer aktuellen Online-Umfrage lehnt die Mehrheit der Schweizer die Vorlage ab. Dabei zeigt das Ausmass von Waffen im Privatbesitz ein erschreckendes Bild.
Ob Armeebestand oder Privateigentum – der Besitz einer Schusswaffe hat in der Schweiz eine erstaunlich hohe Akzeptanz. So finden 16 Prozent, dass das Recht auf eine eigene Waffe sozusagen ein Grundrecht sein sollte. Weitere 45 Prozent stimmen dem zu, wollen dieses Recht aber auf Schweizerbürger beschränken. Das ist eines der Ergebnisse einer nicht repräsentativen Umfrage von 20 Minuten Online unter insgesamt 38 160 Internetnutzern.
Dass es den Schweizern in dieser Hinsicht durchaus ernst ist, zeigt der Fall von Hanfbauer Alfred E. Vor wenigen Wochen hat er sich in Schwarzenburg (BE) mit einer Schusswaffe gegen drei Eindringlinge zur Wehr gesetzt. Dabei erschoss er einen der drei Männer, die unerlaubt auf seinem Hanffeld hantierten. Für 12 Prozent der Befragten war die Erschiessung des Diebes «sein gutes Recht». Weitere 40 Prozent bringen immerhin Verständnis für sein gewaltsames Vorgehen auf.
Im Zweifelsfall zur Waffe gegriffen
Bereits heute gibt es laut Umfrageergebnis lediglich in zwei von fünf Privathaushalten hierzulande keine Schusswaffe. Die Gefahr von Wild-West-Zuständen mitten in den Alpen ist keinesfalls völlig unrealistisch. Immerhin 11 Prozent der Umfrageteilnehmer waren nach Eigenauskunft mindestens schon einmal in ihrem Leben in einer Situation, in der sie von der Waffe Gebrauch gemacht hätten. Einer von ihnen ist Hans Fehr. Auf dem Weg zum jährlichen Albisgütli-Treffen wird der Zürcher SVP-Nationalrat am 21. Januar 2011 von linksautonomen Demonstranten angegriffen. Später räumt er ein, dass er «keine Sekunde gezögert» hätte, sofern er eine Waffe bei sich getragen hätte.
Damit befindet er sich auf einer Wellenlänge mit seinem Partei-Kollegen Oskar Freysinger, der ebenfalls - Waffengesetz hin oder her - für die Selbstverteidigung mit Waffe plädiert: «Wenn es mir ans Leder geht, bin ich lieber ein illegaler Lebender als ein toter Legaler», so Freysinger in einem Live-Talk auf 20 Minuten Online.
Doch nicht nur im Falle von Selbstverteidigung ist die Gefahr, die von Schusswaffen ausgeht, gross. So gehen rund 40 Prozent davon aus, dass sich bei einer Annahme der Waffen-Initiative in der Schweiz weniger Suizide ereignen würden. Und eben so viele sind der Überzeugung, dass bei einem mehrheitlichen Ja am kommenden Sonntag auch Gewaltverbrechen mit Schusswaffen abnehmen würden. Doch ob das kommt, ist mehr als fraglich.
Mehrheit will mit Nein stimmen
Wäre heute Abstimmung, würde die «Initiative für den Schutz vor Waffengewalt» bei den Stimmberechtigten durchfallen: 58 Prozent der Umfrage-Teilnehmer würden ein klares Nein einlegen. Lediglich 29 Prozent würden für die Initiative stimmen. Insgesamt sind Frauen gegenüber der Waffen-Initiative deutlich positiver eingestellt. Während unter den männlichen Teilnehmern 59 Prozent mit Nein stimmen wollen, sind es unter den weiblichen Befragten lediglich 48 Prozent. Weitere 9 Prozent von Ihnen sind noch unentschlossen.
Vor allem im Zusammenhang mit der Heimaufbewahrung von Armeewaffen lassen die Ergebnisse Bedenken an der Tradition aufkommen: 14 Prozent aller Armeewaffenbesitzer sind nach Eigenauskunft nicht sicher, ob auf Seiten des Militärs irgendjemand vom Verbleib der Waffe weiss. Weitere fünf Prozent sind sich sogar absolut sicher, dass die Verantwortlichen keinen Schimmer von der Existenz der Waffe haben.
Rätselraten um Waffenbesitz
Beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat man Zweifel an diesen Zahlen: «Bei der Entlassung aus der Militärdienstpflicht muss die Waffe (Sturmgewehr, Bajonett und Putzzeug oder Pistole und Putzzeug) abgegeben werden. Die zu entlassenden Armeeangehörigen erhalten von der Logistikbasis der Armee eine Aufforderung, ihre persönliche Ausrüstung innerhalb eines Monates abzugeben», erklärt Christian Burri, stellvertrender Informationschef Verteidigung beim VBS zur gängigen Praxis. Unter bestimmten Voraussetzungen können Waffen in den Privatbesitz übernommen werden. Allerdings: «Die ins Eigentum übertragenen Waffen werden durch die Logistikbasis der Armee in SAP erfasst und gemäss Waffengesetz dem Fedpol übermittelt.»
Tatsächlich? Der Fall von Franz Strübi (der Redaktion persönlich bekannt, Name geändert) lassen gewisse Bedenken aufkommen. Der ehemalige Armeeangehörige hat vor mittlerweile 15 Jahren nach dem dritten WK den Dienst verweigert und wurde schliesslich Zivilschutzleistender. Auch nach dem gerichtlich verfügten Ausschluss aus der Armee ist er immer noch im Besitz der Waffe: «Von der Armee hat nie jemand mehr nach meiner Waffe gefragt. Sie steht noch heute auf dem Estrich.»
Nicht registrierte Waffen kein Einzelfall
Zu dem konkreten Fall will man beim VBS keine Stellung nehmen. Burri verweist aber darauf, dass die Waffe sicher registriert sei und das Sturmgewehr eigentlich zu einer halbautomatischen Einzelfeuerwaffe ummodifiziert sein müsste. Doch Strübi verneint dies vehement: «Die Waffe ist immer noch voll einsatzfähig - inklusive Schnellfeuermechanismus.» Burri räumt ein: «Es lässt sich nicht ausschliessen, dass bei allen Waffen, welche vor Jahren ins Eigentum übergangen sind, die Funktion des Serienfeuers gesperrt wurde.»
Ob derlei Fälle aber die Gegner der Waffenschutz-Initiative umzustimmen vermögen, ist mehr als fraglich. Denn auch die letzte SRG-Umfrage zeigt, dass die Fraktion der Nein-Sager deutlich zugenommen hat, auch wenn die Umfrage noch einen hauchdünnen Vorsprung für das Zustandekommen der Initiative zeigt.