WikileaksGeheime Details über Guantánamo veröffentlicht
Nur einige Dutzend Häftlinge im Gefangenenlager Guantánamo sollen Terroristen sein. Dies zeigen Geheimdokumente, die der Enthüllungsplattform Wikileaks vorliegen.
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat hunderte Geheimdokumente über die in Guantánamo inhaftierten Terrorverdächtigen veröffentlicht. Auszüge davon erschienen auch in den Zeitungen «New York Times» und dem Londoner «Guardian» sowie dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Die US-Regierung kritisierte die Veröffentlichungen als «unglücklich». Aus US-Regierungskreisen hiess es, die Dokumente «mögen oder mögen nicht die derzeitige Ansicht über einen Gefangenen wiedergeben».
Die veröffentlichten Geheimdokumente des US-Verteidigungsministeriums geben einen Einblick hinter die Kulissen des umstrittenen Gefangenenlagers, in dem die USA seit Anfang 2002 Terrorverdächtige aus aller Welt internieren. Die über 700 von Februar 2002 bis Januar 2009 reichenden Dossiers über frühere und aktuelle Häftlinge machen deutlich, mit wie fragwürdigen Begründungen die US-Regierung über das Schicksal von Terrorverdächtigen verfügte.
Es handelt sich um mehr als 700 militärische Einschätzungen über Festgenommene - im Englischen Detainee Assessment Briefs, abgekürzt DAB. Darin wird beschrieben, welchen Wert der Verdächtige für den Geheimdienst habe und ob er eine Bedrohung für die USA sei, wenn er freigelassen würde. Bisher wurden 604 Gefangene in das Militärgefängnis in dem Stützpunkt der USA auf Kuba gebracht, 172 sind dort noch inhaftiert.
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Einige der Dokumente scheinen zu belegen, dass einige Fälle auf einer mangelhaften Beweislage gründeten. Der «Spiegel» zitierte Wikileaks mit der Einschätzung, dass «nur einige Dutzend Häftlinge wirklich der Verwicklung in Terrorismus beschuldigt» werden könnten. «Die restlichen waren entweder unschuldige Männer oder Jungen, die aus Versehen festgenommen wurden, oder Fusssoldaten der Taliban, die nichts mit Terrorismus zu tun hatten», heisse es bei Wikileaks. Bei mindestens 150 Häftlingen handelte es sich den Dokumenten zufolge um unschuldige Afghanen und Pakistaner, darunter Bauern und Fahrer. Sie seien teilweise jahrelang aufgrund von Fehlern bei der Feststellung ihrer Identität in Guantánamo festgehalten worden - oder weil sie schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen seien.
Dem US-Radiosender NPR zufolge räumten die Verantwortlichen in Guantánamo in mindestens zwei Fällen in den Schriftstücken ein, Unschuldige hinter Gittern zu halten. Dennoch habe es anschliessend noch Monate gedauert, bis die Betroffenen in ihre Heimatländer zurückgebracht worden seien.
Auf der anderen Seite berichtete die «New York Times», dass knapp ein Drittel der in ihre Heimat oder Drittländer gebrachten Guantánamo-Insassen vor der Entlassung als «gefährlich» eingestuft worden seien.
Einblicke in Al Kaida
Das Blatt schildert den Fall des Terrorverdächtigen Abu Sufian bin Kumu, der in Afghanistan an der Seite der Taliban kämpfte und mittlerweile in Libyen Rebellen im Kampf gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi ausbildet.
Die «Washington Post» schrieb, die DABs böten neue Einblicke in das Al-Kaida-Netzwerk von Osama bin Laden und seinem Stellvertreter Ajman al Sawahiri nach den Anschlägen in den USA am 11. September 2001. (sda/dapd)