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Schlittenhund-Quäler«Anouk täuschte schon immer Müdigkeit vor»

Das Skandal-Video von der Schlittenhunde-EM wirft hohe Wellen. Alles halb so schlimm, findet der rabiate Lenker. Seine Hunde seien eben schüchtern.

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Das Skandal-Video, das Musher Claudio De Ferrari an der EM im waadtländischen Gryon zeigt. (Quelle: Youtube)

Die Filmaufnahmen von der Schlittenhunde-EM im waadtländischen Gryon lassen kaum jemanden kalt: Sie zeigen, wie der italienische Musher Claudio De Ferrari – anscheinend ohne mit der Wimper zu zucken – seine völlig erschöpften Hunde zum Weiterlaufen nötigt. «Ein klarer Fall von Tierquälerei», sagt der bekannte Tieranwalt Antoine F. Goetschel nach Betrachten den Sequenz.

Der angeschwärzte Hundeführer hat sich bis anhin nicht öffentlich geäussert, nun scheint er sich aber über Youtube für sein Verhalten rechtfertigen zu wollen. Die abschliessende Gewissheit, dass sich hinter dem Pseudonym «clemiano88» Claudio De Ferrari verbirgt, gibt es nicht – er war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Aber der Schreiber scheint über die Vorgänge am Skandal-Rennen von Gryon zu gut informiert, um nicht selbst dabei gewesen zu sein.

«Aus Angst angehalten»

De Ferrari erklärt, dass seine sechs Hunde «allesamt sehr schüchtern» seien, das merke man unter anderem daran, dass sie das Startzeichen jeweils ruhig abwarteten. Dann kommt er auf die umstrittene Szene zu sprechen: «Meine Hunde haben nicht aus Müdigkeit angehalten, sondern aus einer Angstsituation heraus. Dann werfen sie sich zu Boden.» Die Streckenposten seien mit Fressnapf und Wasserschale «brüsk dazwischengekommen», obwohl seine Hunde kurz zuvor getrunken hätten und er dies gar nicht verlangt habe.

Der Hundeschlitten-Lenker greift die empörte Youtube-Gemeinde direkt an: «All jene, die keine Ahnung vom Sport haben, erinnere ich daran, dass ein erschöpfter Hund sofort Schnee frisst. Wie man im Video sieht, war dies nicht der Fall.» Er habe eine Hündin – Anouk – zwar etwas heftig wieder aufgerichtet, aber er laufe nun seit 2006 mit diesem Tier und kenne es gut: «Anouk ist eine Schlaumeierin. Sie hatte immer schon das Laster, Müdigkeit vorzutäuschen.» De Ferrari schliesst seine Kommentare mit dem Hinweis, dass er sich höchstens bei seiner Frau und seinen Kindern zu entschuldigen habe, die er wegen seiner Leidenschaft in den vergangenen Jahren vernachlässigt habe.

«Keine Eile der Staatsanwaltschaft»

Für Streckenposten Peter Z., der die Szenerie aus nächster Nähe mitverfolgen musste, sind die Zeilen De Ferraris nichts als Schutzbehauptungen: «Die Tiere waren am Ende ihrer Kräfte. Weshalb hätte der Tierarzt im Ziel sonst zwei der Hunde für die weiteren Wettkämpfe sperren müssen?»

Tieranwalt Antoine F. Goetschel forderte nach dem Skandal-Rennen, dass die Staatsanwaltschaft Waadt aktiv werde – bei Tierquälerei handle es sich um ein Offizialdelikt. Lausanne scheint es aber nicht sonderlich eilig zu haben: Auf Anfrage heisst es, im vorliegenden Fall sei bislang keine Strafverfolgung in die Wege geleitet worden.

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