«Hier gibt es nur verkohlte Hände und Füsse»

Aktualisiert

Absturz in Pakistan«Hier gibt es nur verkohlte Hände und Füsse»

Das Wunder ist eine Falschmeldung: Entgegen den ursprünglichen Nachrichten hat keiner der 152 Insassen des in Islamabad abgestürzten Jets überlebt.

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Kurz vor zehn Uhr Ortszeit ist in Islamabad ein Airbus A321 der privaten pakistanischen Air Blue abgestürzt. Der Airbus zerschellte etwa zwei Kilometer vom Stadtzentrum von Islamabad entfernt in den Margala Hills. «Es waren 146 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder an Bord», sagte Mubarik Shah von der staatlichen Luftverkehrsbehörde. Wie durch ein Wunder hätten fünf Personen überlebt, meldeten örtliche Medien.

Augenzeugen berichteten von einer Frau, die mitten in den Trümmern stand und heulte. Doch das Wunder blieb aus: «Bislang haben wir keine Überlebenden gefunden», sagte ein Vertreter der Stadtverwaltung von Islamabad. «Die Meldung ist falsch.» Niemand in der Maschine aus der Hafenstadt Karachi habe den Absturz überlebt. «Alles, was wir in diesem Krater sehen konnten», sagte Arshad Javed, ein Rettungs-Sanitäter, «waren verkohlte Hände und Füsse. Ich habe zwei Köpfe, zwei Beine und zwei Hände in meiner Tasche.» Von Überlebenden habe es keine Spur gegeben. «Wir haben gerufen und gesucht, aber da war nichts», so der Rettungs-Sanitäter weiter. Pakistans Innenminister Rehman Malik sprach von einer «grossen Tragödie».

Leichen, nicht Überlebende ausgeflogen

Gemäss einem Reporter von NDTV bot sich ein «schreckliches Szenario» vor Ort. Es rieche nach verbranntem Fleisch, berichtete der Reporter, während er zur Unfallstelle hochkletterte. «Oh mein Gott», stiess er plötzlich während der Live-Übertragung hervor. «Hier liegen Leichen herum, hier liegen Teile von Menschen», so der Reporter weiter. Die Leichen seien schwer verbrannt. «Sie sind kaum erkennbar.» Gemäss der Nachrichtenagentur AFP haben die Rettungskräfte bisher 80 Leichen geborgen.

Noch am Morgen hatte «ABC News» von einem Polizisten berichtet, der vor Ort im Einsatz stand. Er berichtete, dass nur wenige das Unglück überlebt haben dürften. «Überall liegen Leichen herum», so der Polizist weiter. Es gebe aber auch Glückliche, die überlebt hätten: «Inmitten der Leichen stand eine Frau und schrie um Hilfe», berichtete der Mann gegenüber «ABC News» weiter. «Es ist ein Wunder», sagte der stellvertrende Polizeipräsident, Amir Ahmed, gegenüber «ARY News». «Wir waren sicher, dass niemand so einen Absturz überlebt.» Und der pakistanische Innenminister Rehman Malik doppelte im örtlichen Fernsehsender «Express TV» nach, es seien bisher fünf Überlebende geborgen worden. Inzwischen hat sich die Meldung als Irrtum herausgestellt. Die Helikopter flogen nicht Überlebende aus, sondern Leichen.

Das schlimmste Unglück in der Geschichte Pakistans

Noch immer seien die Rettungskräfte damit beschäftigt, das schwer zugängliche Gebiet nach den Überresten der Passagieren abzusuchen. Heftiger Regen und Nebel behindert die Bergungsarbeiten am Unglücksort schwer. Es ist bereits jetzt das grösste Flugzeugunglück in der Geschichte Pakistans. Die örtlichen Behörden scheinen überlastet, anders ist es nicht zu erklären, wie sich die Meldung von fünf Überlebenden verbreiten konnte.

Tausende Menschen haben sich inzwischen an den Hügeln am Rande von Islamabad eingefunden. Sie trauern und bangen, weinen und beobachten den aufsteigenden Rauch aus der Schneise, die der abgestürzte Airbus schlug. Am Benazir-Bhutto-Flughafen haben sich Hunderte weitere Personen versammelt, die nach ihren Angehörigen suchen. Wie es zum tragischen Unglück kam, ist unklar. Nach Angaben von Regierungsvertretern leitete die Flugkontrolle die Maschine kurz vor der Landung von der normalen Flugroute um.

«Während des letzten Gesprächs mit dem Tower erhielt der Pilot grünes Licht für die Landung, und alles verlief ganz normal, bis die Maschine in den Hügeln abstürzte», berichtete der stellvertretende Direktor der zivilen Luftfahrtbehörde.

«Ein Feuerstoss stiess in den Himmel»

Die Maschine war laut einem Sprecher der Luftfahrtbehörde in der südpakistanischen Wirtschaftsmetropole Karachi gestartet und während des Landeanflug abgestürzt. Kurz vor der Landung gegen 9.45 Uhr Ortszeit sei der Kontakt mit der Flugsicherung abgerissen, sagte der Sprecher der Luftfahrtbehörde.

Eine Reporterin beobachtete das Unglücksflugzeug von ihrem Balkon aus. Das Flugzeug soll «sehr tief Richtung Margala Hills» geflogen sein. «Der Nebel war aber äusserst dicht, so dass man nicht die Berge gar nicht sehen konnte», so die Reporterin weiter. Das Flugzeug sei dann im Nebel verschwunden. «Plötzlich hat es eine extrem laute Explosion gegeben.» Ein Anwohner berichtete gegenüber CNN, dass das Flugzeug «in Einzelteile zerschellte, dann schoss ein Feuerstoss hoch». Der heftige Regen habe das Feuer aber bald gelöscht.

Die Reporterin vermutet, dass der Pilot aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse den Berg übersehen habe. Ein Augenzeuge berichtete einem Nachrichtensender, das Flugzeug habe unruhig gewirkt, sei aus dem Gleichgewicht geraten und in der dicht bewaldeten Bergregion abgestürzt. Andere Quellen berichten von einem explodierten Tank. Die offiziellen Quellen äussern sich bisher nicht zur Unfallursache. Wie CNN berichtet, wurde die Blackbox gefunden.

(amc/sda/dapd/afp)

Gute Sicherheitsstatistik

Airblue zählt zu den renommiertesten Fluggesellschaften Pakistans. Die private Linie fliegt seit 2004, sie setzt für ihre In- und Auslandsflüge ausschliesslich Airbusse der Typen A320 und A321 ein. Es sei das erste Mal, dass ein Flugzeug dieses Typs abstürzte und es Tote gab, sagte ein Airbus-Sprecher in Toulouse.

Die Unglücksmaschine war laut Airbus zehn Jahre alt und hatte in rund 13 500 Flügen 34 000 Flugstunden hinter sich. Maschinen dieses Typs haben normalerweise eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren.

Pakistan hat eine vergleichsweise gute Sicherheitsstatistik: Der letzte Absturz einer Passagiermaschine liegt vier Jahre zurück, dabei starben 45 Menschen.

Der blutigste Absturz ereignete sich vor 18 Jahren, als im September 1992 eine pakistanische Maschine mit 167 Menschen an Bord auf dem Landeanflug in die nepalesische Hautstadt Kathmandu an einem wolken-verhangenen Berg zerschellte. (sda)

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