Unnötige Vorschrift?«Ich schalte mein Handy nie aus!»
Viele Flugpassagiere lassen ihr Handy bei Start und Landung an. Wirklich schlimm kann das nicht sein: BAZL und Swiss sehen keinen dringenden Handlungsbedarf.
Die Reaktionen auf den Beitrag «Handy ausschalten – wieso eigentlich?» waren zahlreich und kontrovers. Knapp 300 Leser haben sich seit Montag an der Diskussion um Sinn und Unsinn des Verbots elektronischer Geräte während Start und Landung beteiligt. Fast 5000 machten an der Kurzumfrage mit: Jeder dritte Passagier schaltet sein Handy demnach nie oder nicht immer aus. Angst braucht deshalb wahrscheinlich niemand zu haben. Diesen Schluss legen zumindest die Reaktionen des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL) und der Swiss nahe, die 20 Minuten Online mit den Resultaten konfrontierte.
BAZL-Sprecher Daniel Göring wollte sich auf Anfrage nicht äussern, da er den «Kontext der einzelnen Stellungnahmen beziehungsweise die konkreten Fälle nicht kenne». Für die Durchsetzung der besagten Vorschrift seien die Fluggesellschaften verantwortlich. «Sollte sich hier Handlungsbedarf zeigen, würden wir das Thema mit den Fluggesellschaften aufnehmen», schliesst er. Und was sagen die Fluggesellschaften? Man nehme das Ergebnis der Umfrage zur Kenntnis», schreibt Swiss-Sprecherin Sonja Ptassek, und habe die zuständige Abteilung für Cabin Safety entsprechend informiert. Ob Handlungsbedarf besteht, sei momentan noch unklar. Bedenken klingen anders.
Sicherheits- und Lärmschutzüberlegungen
Für viele Leser dürfte das Ergebnis hingegen durchaus besorgniserregend sein. «Es geht nur darum, dass man in den gefährlichsten Flugphasen auf der sicheren Seite ist», schreibt zum Beispiel Müller. «Muss zuerst ein Unfall passieren, bevor sich die Leute dran halten?», fragt David. Zumal das Verbot eine angenehme Nebenerscheinung hat. Der Kommentar von Tobi S. steht dabei beispielhaft für viele andere: «Das Verbot für Handy-Betrieb bei Flügen ist ein Segen. Von Sicherheitsfragen abgesehen ist es eine grauenhafte Vorstellung, dass hundert Passagiere während des Flugs schnattern.»
Das Argument, dass es auf 10 000 Meter Höhe ohnehin keinen Empfang gibt, lässt Chnuschti nicht gelten: «Habe mal von Hong Kong nach Zürich vergessen mein Handy auszuschalten und tatsächlich ein SMS von einem Anbieter bekommen: Welcome to Kasachstan and have a nice day!». Sebbi weiss wieso: «Kasachstan liegt sehr hoch.»
Piloten verhalten sich nicht vorbildlich
Neben Sicherheits- und Lärmschutzüberlegungen weisen aber auch viele auf Ungereimtheiten hin. Fabian gibt an, selbst Pilot zu sein: «Ich als Pilot kann nur sagen, das Ganze bringt nicht viel. Viele Piloten benutzen das iPad für Flugvorbereitungen und auch wärend des Flugs. Ich selber schalte das Handy nur auf lautlos und es gab noch nie Probleme. Warum auch. Es hat keinen Einfluss auf die Instrumente im Cockpit oder sonstwo.» Die Swiss erklärt zu diesem Thema: «Alle Geräte, die im Cockpit benutzt werden, sind zertifiziert. Persönliche Geräte der Cockpitcrew wie Natel oder iPad müssen ebenfalls während der Start- und Landephase ausgeschaltet sein.»
Ob sich Piloten selbst an das Verbot halten, bezweifelt auch Leser Martin: «Auf meinem letzten Flug sassen Piloten der Swiss in voller Uniform auf den Passagiersitzen neben mir. Keiner der Herren machte Anstalten das Tablet und Smartphone während dem Start abzuschalten. Die Flight Attendant wies auch nur die anderen Passagiere darauf hin, sagte aber kein Wort zu den beiden Piloten. Offensichtlich kann es nicht so schlimm sein, die Geräte laufen zu lassen.»
Auch Kameras sind nicht erlaubt
Eine weitere Beobachtung, die Zweifel an der Konsequenz der Airlines aufkommen lässt, machte Fluggast: «Das lustige an dieser Geschichte ist, dass die Piloten im Cockpit selber Ihre Kameras einschalten und Starts und Landungen filmen. Auf Youtube gibt es nämlich hunderte Filmaufnahmen von Swiss-Cockpits. Aber wir als Passagiere müssen jedes Gerät ausschalten ...»
Kamera im Cockpit. (Video: Youtube/sachaflex)
A propos Kameras: Einige Leser sind der Auffassung, dass diese problemlos verwendet werden dürfen. «Ich habe auch schon einen Start gefilmt. Das ist wirklich kein Problem. Eine Kamera ist kein Sender», schreibt etwa Philipp. Doch das Verbot erfasst ganz klar sämtliche elektronischen Geräte, also auch Kameras, Handys im Flugmodus und GPS-Geräte.
Rechtliches Problem
Eine interessante Beobachtung machte Leser abcdefgh auf einem Flug mit der Swiss-Eigentümerin Lufthansa. «Mobiltelefone müssen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ab dem Verlassen der Parkposition bis zum Erreichen der Parkposition am Ankunftsort abgeschaltet werden», hiess es dort im Sicherheitsvideo. Die Swiss spricht in ihrem Video hingegen von «Sicherheitsgründen». Ein kleiner aber vielsagender Unterschied.
Sicherheitsvideo Lufthansa: (Video: Youtube/calgaryreviews)
Zum Schluss noch ein humoristischer Beitrag. Mirko F. hat sich versucht auszumalen, wie eine Beeinflussung der Bordinstrumente durch ein Passagier-Handy genau aussehen könnte. Die Schlüsseltechnologie lautet Bluetooth: «Auf Smartphones erscheint die Meldung ‹New device found: Airbus A330. Would you like to connect?›. Das kann während Start und Landung zu Problemen führen.»