MissbrauchKirche versetzt Sittenstrolch in die Schweiz
Der stellvertretende Internatsleiter der Regensburger Domspatzen wurde bei unsittlichen Handlungen mit zwei Knaben ertappt. Was tat die katholische Kirche, damit das nicht mehr vorkommt? Sie schickt ihn in die Schweiz - als Lehrer in eine von Nonnen geleitete Mädchenschule.
Eine Welle von jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in katholischen Institutionen in Deutschland setzt die Kirche unter Druck. Die weltberühmten Regensburger Domspatzen stehen dabei besonders im Brennpunkt der Aufmerksamkeit, weil der traditionsreiche Knabenchor von 1964 bis 1994 von Georg Ratzinger, dem Bruder des heutigen Papstes, geleitet wurde.
Einer der Missbrauchsfälle an dem mit dem Knabenchor verbundenen Musikinternat betrifft dessen damaligen stellvertretenden Leiter Friedrich Z. Der 1918 geborene und 1949 ordinierte Geistliche amtete seit September 1953 als Religionslehrer und Präfekt am Musikgymnasium Regensburg — bis zum 6. Mai 1958. Damals erlitt seine Karriere einen jähen Knick; Z. wurde vom Institutsleiter Theobald Schrems aus dem Dienst entfernt. Grund für die plötzliche Entlassung war, wie die «Regensburger Woche» damals berichtete, dass Z. «mit zweien seiner Schützlinge bei unsittlichen Handlungen ertappt» worden war. Mitbrüder sagten aus, er sei für dieses Vergehen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Versetzung nach dem Missbrauch
Auch bei Z. verfuhr die katholische Kirche ihrem unguten Usus entsprechend, wonach Triebtäter einfach an einem anderen Ort weiterbeschäftigt werden: Nachdem er seine Haftstrafe verbüsst hatte, wurde er ins Bistum Chur versetzt. Dort war Z. von Oktober 1961 bis Juni 1982 als Hausgeistlicher bei einem Schwesternkonvent mit angegliederter Mädchenschule tätig, wie Clemens Neck, Sprecher des Bistums Regensburg, auf Anfrage von 20 Minuten Online bestätigte. Man habe damals «etwas Weniges» von seinen Verfehlungen gewusst, räumt der Informationsbeauftragte des Bistums Chur, Christoph Casetti, gegenüber 20 Minuten Online ein. Der Aktenbestand sei freilich sehr «dürftig»; vieles sei damals wohl auch mündlich vereinbart worden.
Erst jetzt von dem Fall erfahren
Immerhin gehe aus den Akten nichts hervor, was darauf schliessen lasse, «dass etwas Kriminelles passiert» sei. Schliesslich habe sich Z. in Regensburg auch an Knaben vergangen, während er im Bistum Chur mit Mädchen zu tun gehabt habe. Von dem Fall Z., sagte Casetti weiter, habe er erst in den vergangenen Tagen erfahren. Er werde sich nun aber einen Überblick verschaffen und der Sache entschieden nachgehen.
Z. ging im Juni 1982 in den Ruhestand, als die Schwestern Konvent und Schule auflösten, und kehrte nach Deutschland zurück. Dort starb er zwei Jahre später in seinem Geburtsort Mitterteich.