Pilztod im Tümpel

Aktualisiert

Pilztod im Tümpel

In Teichen und Tümpeln wird es ruhiger. Das Quaken und Glucksen stirbt aus: Ein tödlicher Pilz verursacht ein weltweites Froschsterben, das Wissenschaftler bereits mit dem Verschwinden der Dinosaurier vergleichen.

Bis zu 170 Arten sind dem mysteriösen Parasiten in den vergangenen zehn Jahren bereits zum Opfer gefallen, weitere 1.900 sind Schätzungen zufolge von der Ausrottung bedroht. Bei einer Infektion mit dem Hautpilz ist der Tod der Amphibien fast sicher: Der so genannte Chytrid verstopft die Poren. Die Tiere trocknen aus.

«Das ist ein Beispiel für eine Krankheit, die eine ganze Tierart befällt, etwa alle Säugetiere, alle Vögel oder alle Fische», erklärt der Herpetologe Joseph Mendelson vom Zoo in Atlanta. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus aller Welt berät er am Donnerstag und Freitag über Rettungsmassnahmen. Die Zeit drängt: Von Australien bis Costa Rica sind inzwischen zahlreiche Arten verschwunden, und auch in Japan wurden vergangenen Monat die ersten kranken Frösche entdeckt. Im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien sind mittlerweile 85 Prozent des gelb-beinigen Bergfroschs vom Chytridpilz befallen. Auch Salamander und andere Amphibien sind bedroht.

Frösche fressen viele Insekten, die andere Tiere nicht anrühren. Fehlt dieses Glied in der Nahrungskette, gerät das natürliche Gleichgewicht aus der Balance: Es drohen Insektenplagen, die auch die Nahrungsversorgung des Menschen beeinträchtigen könnten. Auch in der Medizin spielen Frösche eine wichtige Rolle. Einige produzieren Wirkstoffe, die als Schmerzmittel verwendet werden, andere werden auf ihre Wirksamkeit gegen HIV untersucht.

Quarantäne für Froschpopulationen

Die Herkunft des tödlichen Amphibienpilzes ist weitgehend unklar. Die Forscher vermuten seinen Ursprung jedoch in Afrika: Der dort lebende Krallenfrosch trägt den Parasiten auf seiner Haut, ist aber immun gegen dessen tödliche Wirkung. Seit Jahrzehnten wird die Spezies für Forschungszwecke in alle Welt verschifft. So könnte sich auch der Pilz auf anderen Kontinenten verbreitet haben. Bereits in den 40er Jahren wurde der Krallenfrosch zudem in Krankenhäusern für Schwangerschaftstests verwendet. Injektionen mit dem Urin einer schwangeren Frau lösen bei den Tieren die Eiproduktion aus.

Bis ein wirksames Mittel gegen das Massensterben gefunden ist, wollen Amphibienforscher Mendelson und seine Kollegen kleine Populationen bedrohter Froscharten unter Quarantäne stellen. Die Initiative «Amphibienarche» ruft Aquarien, Zoos und botanische Gärten in aller Welt dazu auf, jeweils mindestens 500 Exemplare einer gefährdeten Art zu säubern und bei sich aufzunehmen. Die Kosten für das Projekt von 400 bis 500 Millionen Dollar (300 bis 400 Millionen Euro) sollen mit einer Spendenaktion im kommenden Jahr finanziert werden. «Die Menschen wären absolut dumm, wenn sie dieser Sache keine Aufmerksamkeit schenken würden», betont Mendelson.

Dabei ist der Pilz keineswegs die einzige Bedrohung für Amphibien, wie der frühere Zooleiter George Rabb erklärt, der sich ebenfalls für die Initiative engagiert. Der Parasit töte die Tiere lediglich viel schneller als die Umweltverschmutzung und der Klimawandel. Ist der Pilz besiegt, müssen die wieder ausgesetzten Populationen deshalb weiter überwacht werden. Das Quarantäneprogramm ist allenfalls eine Übergangslösung. «Mit der globalen Erwärmung und dem Müllhaufen, den wir in die Atmosphäre blasen, wird es auch weiterhin Risiken geben.» (dapd)

Deine Meinung zählt