Frau erwachte nach OP als Mann

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Frau erwachte nach OP als Mann

Ein tragischer Fall von Geschlechterverwirrung beschäftigt das Kölner Landgericht.

In einem Zivilprozess fordert eine 48-jährige Krankenpflegerin, die bei ihrer Geburt fälschlicherweise als Junge eingestuft wurde und auch so aufgewachsen war, von einem Chirurgen Schmerzensgeld in Höhe von 100 000 Euro. Der Mediziner hatte 1977 der damals 18-Jährigen Eierstöcke und Gebärmutter entfernt. Die Klägerin wirft ihm vor, sie nicht umfassend über die Folgen des Eingriffs und alternative Möglichkeiten aufgeklärt zu haben, wie Justizsprecher Dirk Esser mitteilte.

Als Zwitter geboren

Das Schicksal der intersexuellen Frau ist tragisch. Bei der Geburt sei die ungewöhnlich vergrösserte Klitoris des Babys irrtümlich als Penis angesehen worden, sagte Esser. Sie wurde deshalb als Junge erzogen und erhielt den Namen Thomas. Erst bei einer Blinddarmoperation im Alter von 17 Jahren seien in ihrem Bauch Eierstöcke und eine Gebärmutter entdeckt worden. Eine Untersuchung ergab, dass sie auch von ihren Chromosomen her weiblich ist.

Doch die Betroffene wurde nach eigenen Angaben damals nicht informiert. Tatsächlich findet sich Esser zufolge in den Akten ein Schreiben an das Kreiswehrersatzamt, in dem die Ärzte dringend um eine Ausmusterung ihres Patienten bitten, da der angehende Rekrut genetisch weiblich sei - mit dem Hinweis, der Patient sei nicht über diesen Befund informiert worden.

Kein OP-Abbruch

Die Frau habe erst aufgrund eigener Recherchen in jüngerer Vergangenheit die ganze Dimension der Ereignisse erfahren und daraufhin - kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist - Schmerzensgeldklage wegen einer nicht indizierten Operation und fehlender Aufklärung gestellt. Zwar sei sie ihrem Pass nach noch ein Mann, doch verstehe sie sich inzwischen als Frau und trage den Namen Christiane.

Die Klage richtet sich ausschliesslich gegen den Chirurgen, da die anderen beteiligten Mediziner bereits verstorben sind. Bei der mündlichen Anhörung signalisierte die Kammer allerdings Esser zufolge Zweifel, ob dem Chirurgen die Behandlungsfehler anzurechnen seien. Schliesslich werde die Diagnose in der Regel von Internisten gestellt.

Doch spreche einiges dafür, dass die Krankenschwester mit ihrer Klage wegen Verletzung der Aufklärungspflicht Erfolg haben könnte. Einiges deute darauf hin, dass ihr der entscheidende Chromosomenbefund nicht mitgeteilt worden sei. Damit aber entfalle möglicherweise die Grundlage für eine wirkungsvolle Einwilligung in die Operation.

Seine Entscheidung will das Gericht am 6. Februar kommenden Jahres verkünden. (dapd)

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