Weltrekord: TGV beschleunigt auf 574,8 km/h
Nach mehreren Versuchen hat die französische Bahn heute offiziell den neuen Geschwindigkeitsrekord für schienengebundene Fahrzeuge aufgestellt.
Auf der vor zwei Wochen eingeweihten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Strassburg hat ein TGV die Höchstgeschwindigkeit von 574,8 km/h erreicht und damit die eigene Spitzenmarke vom 18. Mai 1990 gebrochen, als der berühmte Schnellzug (Train à Grande Vitesse) mit 513 Stundenkilometern von Paris Richtung Westen raste.
Die Konstrukteure des Zugbauers Alstom tauften ihr Geschoss «V 150» - die Abkürzung steht für 150 Meter pro Sekunde oder 540 Kilometer in der Stunde. Allerdings hatten die drei beteiligten Unternehmen, neben der Bahngesellschaft SNCF und Alstom ist dies der Streckenbetreiber RFF, die Hoffnung, die Marke von 581 Stundenkilometern zu brechen. Das Tempo erreichte vor vier Jahren die japanische Magnetschwebebahn Maglev. Die am TGV-Rekord beteiligten Unternehmen lassen sich ihren Weltrekord allerdings nicht nehmen - sie verweisen darauf, dass die Magnetschwebebahn gar kein schienengebundenes Fahrzeug sei, da sie über ihrem Trassee schwebe.
Die Rekordfahrt wurde von mehrere Fernsehsendern live übertragen. Ein Flugzeug begleitete das silber-schwarze Geschoss - ein Helikopter könnte bei diesem Tempo nicht mehr mithalten. Hunderte Menschen jubelten dem Zug zu, als er knapp 200 Kilometer vor Paris mit seiner Höchstgeschwindigkeit mehrere Brücken passierte.
Mit dem Rekord will Frankreich auch Werbung für seine Technologie machen und sich gegen den deutschen ICE und den japanischen Shinkansen in Szene setzen. Alstom ist bereits in Verhandlungen mit Argentinien, das eine erste Hochgeschwindigkeitsstrecke bauen will.
Der Spezial-TGV für den Rekordversuch besteht aus zwei Lokomotiven und drei doppelstöckigen Waggons und ist überwiegend schwarz gestrichen. Für den Versuch wurde die Strecke zur deutschen Grenze, die am 10. Juni in Betrieb genommen wird und die Fahrzeit von Paris nach Zürich von sechs auf viereinhalb Stunden verkürzt, speziell präpariert. Die Gleise wurden in den Kurven zusätzlich befestigt und die Spannung in der Oberleitung von 25 000 auf 31 000 Volt erhöht. Ein Risiko bestand bei der angestrebten Spitzengeschwindigkeit nicht, sagte der frühere SNCF-Manager Pierre-Louis Rochet. «Wir sind weit von der kritischen Grenze entfernt.» Der Rekordversuch hat insgesamt 30 Millionen Euro (49 Millionen Franken) gekostet.
1,2 Liter auf 100 Kilometer
Auf der neuen TGV-Est-Strecke wird der neue TGV ab 10. Juni mit maximal 320 km/h verkehren. Dabei wird er auf 100 Kilometer pro Passagier umgerechnet 1,2 Liter Benzin verbrauchen: Verglichen mit einem Auto oder gar einem Flugzeug ist der Super-TGV also ein wahrlich «grünes» Verkehrsmittel.
Mit TGV 90 Minuten schneller in Paris
Der TGV bringt Reisende ab kommendem 10. Juni 90 Minuten schneller von Zürich nach Paris. Neu wird auch Basel vom TGV bedient, der die Hauptstadt Frankreichs in dreieinhalb Stunden erreicht. Ab Zürich werde die Reise viereinhalb Stunden dauern, wie die SBB am Dienstag mitteilen. Denn auf der Neubaustrecke Strassburg-Paris verkehre der TGV mit bis zu 320 Kilometern pro Stunde.
Beim neuen Angebot handelt es sich um die vierte TGV-Achse der Betreiberin Lyria neben den bestehenden Strecken Bern-Neuenburg-Paris, Lausanne-Paris, Genf-Paris. Vorerst werden täglich zwei Züge ab Zürich und vier ab Basel angeboten. Ab kommenden Dezember sollen drei TGV pro Tag von Zürich nach Paris führen. Für Reisende, die in der Zeit zwischen 10. Juni bis Ende Juli Paris besuchen wollen, bieten die SBB Spezialpreise für Frühbucher an.
(dapd)
TGV
Der TGV (Train à Grande Vitesse) fährt seit 1981 in Frankreich. Seit die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Lyon eröffnet wurde hat sich der Schnellzug zum Erfolgsschlager entwickelt. Mit einer Regelgeschwindigkeit von 320 Kilometern in der Stunde und nur wenigen Zwischenstopps verbindet er die wichtigsten Städte des Landes und hat den nationalen Flugverkehr zurückgedrängt. Seit 2001 erreicht man von Paris die Mittelmeerstadt Marseille in drei Stunden. Das Fahrzeug mit der markanten Zugnase entwarf der britische Designer Jack Cooper. Der Prototyp TGV 001 aus dem 1972 wurde zunächst mit einer Gasturbine betrieben.
TGVs fahren inzwischen in sieben europäischen Ländern und in Südkorea. Auch der Eurostar nach London und der Thalys nach Köln basieren auf der Technologie der Firma Alstom. Am 10. Juni wird eine neue Strecke nach Strassburg eröffnet. Auf ihr können auch deutsche ICE-Züge mit Tempo 320 fahren, die Reisezeit nach Frankfurt am Main verkürzt sich dadurch von sechs auf vier Stunden.
Anders als der ICE wird der TGV jeweils von zwei Triebwagen beschleunigt, zwischen die bis zu zehn Waggons gehängt werden. Der ICE III funktioniert dagegen mit insgesamt 30 Motoren, die unter den Wagen hängen und den Zug so wesentlich leichter und spritziger machen. Weiterer Unterschied: Die Sicherheit des TGV ist legendär. Seit 1981 kam es auf Schnellfahrstrecken zu keinem technisch bedingten Unfall mit Todesfolge. (ap)