Die blutrünstigen Frauen von der FARC

Aktualisiert

Die blutrünstigen Frauen von der FARC

Kaum etwas wurde bis jetzt über die Frauen bei der kolumbianischen Guerilla-Organisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) geschrieben. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie viele sich den bewaffneten Kämpfern angeschlossen haben.

von
Karin Leuthold

Mit der Festnahme von «Karina» am 18. Mai 2008 ist der Regierung von Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe ein schwerer Schlag gegen die FARC gelungen (20 Minuten Online berichtete). Der prominente Fang warf zugleich die Frage auf, ob die Frauen in der Guerilla-Organisation inzwischen grösseres Gewicht erlangt haben.

Auf den ersten Blick würde man meinen: Ja. Auf der mittlerweile geschlossenen Website der FARC war der Link zu «Frauen» schon immer an einer besonders prominenten Stelle platziert. «In der FARC sind wir Frauen 30 bis 40 Prozent, wir tragen Uniform und gekreuzte Gewehre und wir betrachten uns als revolutionäre Vollzeit-Kämpferinnen mit gleichen Rechten und Pflichten wie unsere männlichen Kameraden», steht da zu lesen.

Gleichwohl schaffen es nur die wenigsten Frauen zur «Comandante», wenn man den Schilderungen von Deserteuren und abgefangenen Funkmeldungen des kolumbianischen Geheimdiensts Glauben schenken darf.

Es begann 1964

Die ersten Belege für eine Mitgliedschaft von Frauen bei der FARC gehen ins Jahr 1964 zurück. Damals, bei der Operation «Marquetalia», kämpften Yira Castro, Miryam Narvaez und Judith Grisales an der Front südlich von Tolima gegen die kolumbianische Armee. Später unterstützten sie die Truppen, die über den Rio Blanco und den Chaparral flüchteten.

Heute befinden sich laut einem Bericht des kolumbianischen Geheimdienstes höchstens sechs Frauen in hohen Führungspositionen. Doch viele sind im mittleren Kader als Finanzchefinnen, Sprengstoff-Expertinnen oder Truppenleiterinnen tätig. Die einzige Kommandantin bis jetzt war Nelly Avila Moreno, bekannt unter dem Namen «Karina». (Bildstrecke: «Kaltblütig und blutrünstig»).

Karina hat Fans

Für die jungen Rebellinnen ist die blutrünstige «Karina» ein Vorbild. Viele wollen ihren Kriegsnamen tragen, damit sie von den Männern respektiert werden. Unter den vielen Nachahmerinnen sind der kolumbianischen Regierung besonders drei bekannt: «Nelly», «Liliana» und «La Mona».

«Liliana» kennen die Behörden aus abgefangenen Funksprüchen. Sie befehligt die Rebellen der «Frente 15» bei Paujil und Doncello. «Liliana» war während vieler Monate für die Sicherheit und die Überwachung der prominenten FARC-Geisel Ingrid Betancourt, einer ehemaligen Präsidentschaftskandidatin, verantwortlich. Sie ist Kommunikations- und Sprengstoffexpertin. Laut Aussagen von Deserteuren ist «Liliana» sehr streng mit ihren Männern. Es geht sogar das Gerücht, sie habe einen ihrer Leibwächter getötet, weil er sie wegen ihrer schlechten Behandlung vergiften wollte.

Anders das Profil von «Nelly»: Die 35-jährige Frau aus Meta, die in einer Nonnenschule erzogen wurde und das zweite Jahr des Gymnasiums schaffte, kam zur Guerilla, «um Gleichheit zu finden», wie in ihrem Dossier zu lesen ist.

Sie kommandiert bei der «Frente 30» eine beachtliche Gruppe von Männern. Einige Deserteure behaupten, «Nelly» habe es «nur mit Überzeugung» geschafft, einige Ureinwohner zu rekrutieren.

«Sie redet mit ihnen auf eine Art und Weise, die sie überzeugen kann. So tat sie das auch mit uns, als sie bei El Tambo vorbeikam, um Leute zu rekrutieren», sagte im Mai 2002 ein 17-jähriger Rebelle, der die FARC später verliess.

Auch der militärische Geheimdienst kennt diese Fähigkeit von «Nelly»: Sie regelt Unstimmigkeiten in der Organisation mit Gesprächen. Allerdings ist auch bekannt, dass sie im Jahr 2000 eine Polizeipatrouille attackierte und die Leichen der Polizisten verbrannte.

Eine weitere interessante Frau ist «La Mona», zu deutsch «Die Äffin». Von ihr weiss man, dass sie die Rebellentruppen von Vista Hermosa führte. «Man erzählt sich, dass 'La Mona' die Liebhaberin eines hohen Komiteeleiters war, und dass sie deswegen diese Stelle bekam», behauptet ein Überläufer. Sie stamme ursprünglich aus der Region und kenne sich deswegen gut aus. «La Mona» ist Sprengstoffexpertin und legt Minenfelder mit Dynamit und Sprengstoff selber an. «Im Juni 2002 explodierte ein Sprengsatz und verletzte sie am Arm», erinnert sich der Deserteur.

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