Air France 447«Sie hatte noch so viel vor»
AF 447 - dieses Kürzel werden die Angehörigen der Passagiere und Crewmitglieder der verschwundenen Air-France-Maschine wohl nie vergessen. Nach und nach dringt an die Öffentlichkeit, wer mit der Unglücksmaschine flog.
Die Suche nach dem abgestürzten Airbus läuft auf Hochtouren – bis jetzt blieb sie aber erfolglos (20 Minuten Online berichtete). Derweil finden sich an den Flughäfen Angehörige der Passagiere ein und versuchen, mit der Situation fertig zu werden. Wie jetzt bekannt wurde, sass auch ein Mitglied des brasilianischen Königshauses in der Maschine: Die königliche Familie bestätigte am Montagabend Medienberichte, dass Prinz Pedro Luís von Orléans und Braganza in der vermutlich abgestürzten Air-France-Maschine sass.
Der Prinz ist ein direkter Nachkomme des letzten brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. Der 26-jährige, der in der theoretischen Thronfolge Brasiliens an vierter Stelle stand, lebte seit mehreren Jahren in Frankreich und befand sich auf dem Rückflug von Rio de Janeiro, wo er seine Eltern Dom Antônio João de Orléans e Bragança, Prinz von Brasilien, und Dona Christine de Ligne, Prinzessin von Ligne, besucht hatte.
Ebenfalls zu den Vermissten zählen die Frischvermählten Bianca und Carlos Eduardo. Wie die brasilianische Zeitung «O Globo» berichtet, wäre die Reise nach Paris für die Ärztin und den Anwalt aus Niteroi die Krönung einer traumhaften Hochzeitsfeier gewesen.
«Sie wusste sofort, dass es ihr Flug war»
Auch Christine Pieraerts sass im vermissten Flugzeug. Die junge Frau aus dem zentralfranzösischen Clermont-Ferrand hatte zehn Tage Ferien in Brasilien gemacht, wo ihr Freund derzeit arbeitet. Das Paar arbeitet beim Pneuhersteller Michelin. «Ihr Freund hatte sie noch zum Flughafen gebracht», berichtete ihr Bruder Michel der Zeitung «Le Parisien».
Seine Mutter habe im Radio gehört, dass das Flugzeug vermisst werde. «Sie wusste sofort, dass es Christines Flug war.» Christine habe sich gerade von einer schweren Krankheit erholt. «Sie hatte noch so viel vor.»
Für viele nur ein Zwischenstopp
Sicherheitsbeamte des Pariser Flughafens Charles de Gaulle begleiteten die Angehörigen in einen Raum, in dem sie von Psychologen betreut wurden. Etwa 100 Personen hatten sich eingefunden. Für viele Passagiere des Fluges AF 447 wäre Paris nur ein Zwischenstopp gewesen.
Erst nach und nach wurde bekannt, wer sich in dem Flugzeug befand: eine 26 Jahre alte irische Ärztin, die mit Studienfreunden in den Ferien war, eine türkische Harfenspielerin, die ein Konzert in Brasilien gegeben hatte, eine junge Spanierin, die von ihrer Hochzeitsreise zurückkam.
Air France veröffentlichte eine Passagierliste mit 33 verschiedenen Nationalitäten. Nach vom Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigten Angaben waren sechs Schweizer an Bord der AF 447.
«Es ist normal, dass die Angehörigen das Unglück erst einmal leugnen und nicht wahrhaben wollen», sagte ein Vertreter des Roten Kreuzes, der sich um die Betreuung der Angehörigen kümmerte. Besonders schlimm sei es, dass so lange nicht klar sei, was tatsächlich geschehen ist.
Der Katastrophe knapp entkommen
Die französische Regierung bot den Angehörigen an, in die Zone zu reisen, in der nach der Maschine gesucht wird. Wenn das Flugzeug im Atlantik untergegangen sein sollte, kann es gut sein, dass die Opfer nie geborgen werden können.
Mit gemischten Gefühlen verfolgen diejenigen die Sucharbeiten, die der Katastrophe nur knapp entkommen sind. Ein französisches Ehepaar hatte zum Beispiel vergeblich versucht, einen Platz in der ausgebuchten Maschine zu bekommen.
Ein italienischer Ingenieur, Vater zweier Kinder, hatte den Flug knapp verpasst, weil er Probleme bei der Arbeit hatte. Er stand auf der Passagierliste, hatte aber nicht eingecheckt, wie die Ehefrau des 54-Jährigen den Lokalzeitungen in Ancona berichtete.
Die Familie habe sich am Montag zunächst grosse Sorgen gemacht, doch dann habe der im Ölgeschäft tätige Ingenieur daheim angerufen: «Es hat Probleme bei der Arbeit gegeben, sag den Kindern, dass es mir gut geht», habe der Ehemann sie beruhigt. Er wolle nun am Mittwoch von Brasilien nach Paris fliegen.
(SDA/kle)