Wie Roma-Sippen funktionieren

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Roma-KriminalitätWie Roma-Sippen funktionieren

Brutale Zuhälter, Zwangsprostituierte und neunjährige Diebe: In der Schweiz geraten Roma vermehrt negativ in die Schlagzeilen. Ein Dok-Film zeigte weshalb.

Ronny Nicolussi
von
Ronny Nicolussi
Lassen sich nur durch heftige Gegenwehr einschüchtern: Roma-Mädchen beim Stehlen.

Lassen sich nur durch heftige Gegenwehr einschüchtern: Roma-Mädchen beim Stehlen.

Screenshot SF

Wo sie hinkommen, da stossen sie auf Misstrauen, Ablehnung und Intoleranz. Auch nach tausend Jahren in Europa sind die ursprünglich aus Nordindien stammenden Roma im Abendland nicht angekommen. Oft scheitern sie an ihren mangelnden Integrationsbemühungen. Meistens ist ihre Mentalität einfach nicht mit der einer zivilisierten Gesellschaft vereinbar. Während in Letzterer Arbeit, Planung und hierarchische Strukturen einen wichtigen Stellenwert haben, leben die meisten Roma im Hier und Jetzt. Eine Unterordnung unter einen Chef fällt vielen schwer, weshalb Anstellungen meist nur von kurzer Dauer sind. Was bleibt ist der Gang in die Kleinkriminalität und immer mehr auch in die organisierte Kriminalität.

Seit der Erweiterung des Schengenraums sind die Probleme auch in der Schweiz augenfällig geworden. Meldungen über neunjährige Mädchen, die aus dem grenznahen Elsass in die Schweiz auf Einbrechertouren geschickte werden und Bettler, die früh morgens über ganze Städte verteilt werden, häufen sich. Daneben zementieren die jungen Roma-Prostituierten auf dem Strassenstrich und die brutalen Machenschaften von Zuhältern, die jüngst in einem Aufsehen erregenden Prozess vor dem Zürcher Bezirksgericht aufgedeckt wurden, das negative Image der Roma.

Das Schweizer Fernsehen zeigte gestern Abend einen bemerkenswerten Dokumentarfilm, der sich mit den kriminellen Strukturen der Nomaden befasste. Im Film «Im Auftrag der Sippe – Wie Roma-Kinder zu Dieben werden» legte der britische Filmemacher mit rumänischen Wurzeln, Liviu Tipurita, den Fokus auf die Ausbeutung junger Roma in Spanien und Italien. Die Kinder sind gleichzeitig Täter und Opfer. In aufwendigen Überwachungen folgte Tipurita den Kindern von ihren Lagern in die Städte, filmte sie versteckt, während sie Menschen bestahlen, bettelten und von ihren Peinigern geschlagen wurden.

Zum Betteln und Stehlen nach Spanien gereist

Daneben besuchte er Roma-Sippen in ihren Camps. Offen sprechen die Kinder und Jugendlichen im Film über ihre Taten und darüber, was passiert, wenn sie von der Polizei geschnappt werden. Das Roma-Mädchen Daniela sagt, sie sei zum betteln und stehlen nach Spanien gereist: «Wenn uns die Polizei erwischt, nehmen sie uns das Geld weg, stecken uns in ein Tageszentrum und lassen uns dann wieder gehen.» Dabei wird klar, dass nicht nur die Strukturen der Clans, sondern auch die fehlenden Eingriffsmöglichkeiten der westlichen Behörden die Ausbeutung junger Roma begünstigen. In Spanien können Kinder unter 14 Jahren für ihre Verbrechen nicht verantwortlich gemacht werden und werden deshalb von den Sippen gezielt eingesetzt. 95 Prozent der unter 14-jährigen Kinder, die in Madrid beim Stehelen erwischt werden, sind rumänische Roma.

Tipurita wird Zeuge einer Roma-Hochzeit. Die Braut ist keine 14 Jahre alt. Ein Roma erzählt, dass die Eltern des Mädchens für die Hochzeit 7000 Euro erhalten hätten, weil diese eine sehr gute Diebin sei: «In ein paar Wochen sind die 7000 Euro wieder amortisiert.» In Madrid haben sich die jungen Roma auf Diebstähle an Bancomaten spezialisiert. Stundenlang lungern die Mädchen und Knaben vor den Geldautomaten herum. Immer wieder versuchen sie Menschen, die Geld abheben, die Scheine zu entreissen. Dabei gehen sie auch gegen gestandene, kräftige Männer äusserst aggressiv vor und lassen sich nur durch heftige Gegenwehr einschüchtern.

12 000 Euro in einem Monat

In Mailand wurde seit der EU-Osterweiterung ein sprunghafter Anstieg von Handtaschendiebstählen verzeichnet. Francesco Messina, Leiter einer Sondereinheit der Polizei, sagt: «Ein Kind verdient in einem Monat damit 12 000 Euro.» Das Geld gehe immer an die Erwachsenen. Laut Messina sind die Clans auf drei Stufen organisiert. Auf der ersten Stufe stünden junge Erwachsene, die die Kinder beim Stehlen beaufsichtigten. Auf der zweiten Stufe seien Leute, häufig Familienangehörige, welche die Kinder rekrutierten und auf der dritten Stufe befinde sich die Kommandozentrale in Rumänien. Dort sässen die Bosse, welche das Geld neu investieren würden.

Immer wieder werden in Italien illegale Roma-Siedlungen von den Behörden dem Erdboden gleichgemacht. Immer wieder bauen Roma die Siedlungen auf. Nur wenige akzeptieren Angebote der Fürsorge. Bei einer Razzia in der Nähe von Mailand entdeckten die Behörden 2007 15 acht- bis zehnjährige Kinder, die in einer Baracke an Ketten gefesselt waren. Die Kinder waren zuvor schon unzählige Male beim Stehlen erwischt worden. Am Ende sagte jedoch nur ein Kind gegen seine Peiniger aus. Die anderen flüchteten aus der Obhut und leben heute wieder auf demselben Gelände.

«Rumänien aus EU ausschliessen»

Riccardo De Corato, stellvertretender Bürgermeister Mailands, spricht offen aus, was viele denken, aber nicht zu sagen wagen: «Ein starkes Zeichen wäre es, Rumänien aus der EU auszuschliessen.» Für den Politiker würde das viele Probleme lösen. Denn Roma wüssten nicht, was Arbeit bedeute. «Sie schicken die Frauen arbeiten, auch als Prostituierte und die Kinder schicken sie zum Stehlen auf die Strasse.» Die Männer würden hingegen den ganzen Tag Karten spielen, so De Corato, der sich fragt: «Wie soll ich ihnen unser Lebenskonzept von Arbeit erklären, wenn Arbeit bei ihnen nicht vorkommt?»

In Rumänien trifft der Filmemacher schliesslich Breliant, einen wichtigen Roma-Anführer. Dieser erzählt stolz, dass in seiner Familie alle als Diebe tätig waren. Breliant zeigt Tipurita die Villen, die sich Roma-Anführer mit dem gestohlenen und erbettelten Geld von Kindern in Westeuropa finanziert haben. Ein Kind ruft auf der Strasse in die Kamera, was gefilmt werde und Breliant antwortet: «Wie du in den Knast kommst. Dort lernst du dann Geschäfte machen.»

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