Geniale Werbeidee oder Lichtverschmutzung?

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Geniale Werbeidee oder Lichtverschmutzung?

Erstmals hat ein Berg im Engadin als Projektionsfläche für Werbebotschaften herhalten müssen. Das Standbild am Corvatsch in der Grösse von vier Fussballfeldern weckt in der Bevölkerung und unter Heimatschützern Protest.

Mit der Installation wollen die Bergbahnen Engadin/St. Moritz auf ihren 100. Geburtstag aufmerksam machen. Ein Projektor der Superlative erlaubt es, mit einer Leistung von 12 000 Watt Reklame von der Mittelstation der Corvatschbahn an den 950 Meter entfernten Nordhang auf rund 3000 Metern Höhe zu werfen.

Mit 163 auf 163 Meter ist das Standbild so gross, dass die Promotoren den Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde beantragt haben. Am Mittwochabend wurde das Jubiläumslogo der Bahnen erstmals projiziert. Der Berg soll im Januar und Februar während sechs Wochen zum Reklameträger werden.

Doch es handelt sich nicht nur um Werbung in eigener Sache, bemängeln aufgebrachte Kritiker. Auch das Markenzeichen eines Kaugummi-Produzenten werde im Hochgebirge zu sehen sein, heisst es in Leserbriefen in der Bündner Presse.

Lichtverschmutzung

Laut Dieter Bogner trifft dies zwar zu. Doch würden keine Werbeflächen verkauft, sagte der Geschäftführer der Oberengadiner Bergbahnen am Donnerstag auf Anfrage. Den Organisatoren einer Freestile-Schneepsortveranstaltung von Mitte Januar sei lediglich die Möglichkeit eingräumt worden, während der Durchführung dafür zu werben.

Im Standbild dieses «Engadin-Snow-Events» integriert sind die Logos der beiden Hauptsponsoren, des Kaugummmiherstellers und eines Ausrüstes. Wobei Bogner aufgrund der bescheidenen Grösse daran zweifelt, dass die beiden Schriftzüge überhaupt zu entziffern sein werden.

Die Engadiner Sektion der Schweizer Heimatschutzes hat grundsätzliche Einwände erhoben. Berge für Reklame zu missbrauchen, dürfe nicht sein, hält deren Präsident Johannes Etter fest. Den Gästen müsse der einmalige Blick in den Sternenhimmel erhalten bleiben. Die Sektion fordert die sofortige Einstellung der nächtlichen Illuminationen.

«Unsinniger Eingriff»

Genehmigt wurde die Werbung im Hochgebirge von der Standortgemeinde Silvaplana. Laut Bündner Raumplanungsgesetz sind die Gemeinden für Genehmigungen provisorischer Bauten auch ausserhalb der Bauzobnen dann allein zuständig, wenn diese nicht länger als ein halbes Jahr stehen bleiben.

Folgerichtig bezeichnete der Chef des kantonalen Amtes für Raumplanung, Cla Semadeni, die Genehmigung gegenüber der «Engadiner Post» als rechtens. Zweifel äusserte hingegen der Leiter des kantonalen Amtes für Natur und Umwelt, Peter Baumgartner.

Baumgartner stuft die Reklame als Lichtverschmutzung und einen «unsinnigen Eingriff in die Natur» ein. Um dagegen vorgehen zu können, bräuchte es aber eine Klage. Sein Amt habe nicht die Kompetenz, einen Stopp der Projektionen zu verfügen, sagte Baumgartner der Nachrichtenagentur SDA.

(sda)

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