Terroranschlag in MoskauDas Killerspiel ist brutale Realität geworden
Im Videospiel «Modern Warfare 2» attackieren Spieler als Terroristen den Moskauer Flughafen. Die Szenen aus dem Spiel zeigen verstörende Parallelen zur Realität.
Bereits vor dem Verkaufsstart hat das Killer-Game «Call of Duty: Modern Warfare 2» für eine Kontroverse gesorgt: In einer Teilaufgabe des Spiels stürmt der Gamer als Mitglied von Terroristen den Flughafen Domodedowo in Moskau. Wie der Trailer des Spiels zeigt, eröffnen die Terroristen kaum aus dem Fahrstuhl das Feuer auf die Reisenden. Blut spritzt, Scherben fliegen herum und ein Berg von Leichen bleibt nach dem virtuellen Gemetzel zurück.
Die Terroristen-Szene erschütterte selbst hartgesottene Anhänger von Ego-Shootern. Die Gamer-Community kritisierte dabei vor allem die unreflektierte Darstellung des Terroraktes. Die Motivation der Terroristen sei unklar. Der Hersteller Activision entschärfte daraufhin in der deutschen und japanischen Version die Szenen, indem der Spieler selbst nicht mehr schiessen kann, aber immer noch als Mitglied der Terrorgruppe mitläuft. In der internationalen Version des Spiels bleibt es dem Spieler überlassen, ob er auf unbewaffnete Zivilisten schiessen will oder nicht.
Hersteller: «Wir wollen den Druck auf den Spieler erhöhen»
Activision rechtfertige die Szenen damit, dass der Angriff «den Grad der Bosheit und Kaltblütigkeit eines russischen Bösewichts und seiner Einheit» zeige. «Indem wir dies zeigen», hiess es in der Pressemitteilung weiter, «erhöhen wir den Druck auf den Spieler, den Bösewicht in den anderen Missionen zu stoppen.» Das Game sei ein Fantasy-Actionspiel dessen Spielinhalte intensiv, realistisch und an reale Konflikte angelehnt seien.
Wie nahe die Entwickler an der Realität blieben und wie wenig Feingefühl sie hatten, beweist nun der Angriff auf den Flughafen Domodedowo. 35 Menschen starben bei dem mutmasslichen Selbstmordanschlag, rund 180 weitere wurden von der Explosion und den umherfliegenden Metallteilen verletzt. In Ameteurvideos sieht man, wie sich Leichen stapeln und tote Menschen zwischen Gepäckwagen liegen. Die blutigen Szenen sind noch verstörender, wenn man die Parallelen zum Spiel sieht - in welchem fast identische Bilder zu sehen sind.
Dienen Games als Vorbilder oder gar als Training?
Die russischen Behörden hatten das Spiel bereits bei der Veröffentlichung am 10. November 2009 zunächst nicht in den Verkauf lassen wollen, der Hersteller kam dem Verbot allerdings zuvor und schnitt die Flughafen-Szenen für die russischen Versionen heraus. Die Kontroverse tat dem Erfolg des Spiels keinen Abbruch: Es verkaufte sich am ersten Tag alleine in Grossbritannien und den USA 4,7 Millionen Mal und hielt damit den Verkaufsrekord bis zum Release der neuesten Ausgabe des Spiels.
Offizielle Statements gab es von Activision seit dem realen Angriff nicht. Der Gamehersteller wird sich mit der Thematik allerdings auseinandersetzen müssen. «In der Tat ist es verstörend, Szenen aus einem Videospiel in echt zu sehen», sagte Walid Phares, Direktor des «Future Terrorism Project» von der Stiftung zur Verteidigung der Demokratie gegenüber dem amerikanisch-russischen Newsportal rt.com. «Die Frage ist nun», so Phares weiter, «ob Terroristen oder Extremisten diese Videos oder Spiele als Vorlage für ihre Anschläge verwenden oder sie gar als Training nutzen.»