Chronologie des TagesDie Leichen werden heimgebracht
Knapp 48 Stunden nach dem Unglück haben alle Angehörigen die Gewissheit, was mit ihrem Kind passiert ist. Sämtliche Opfer sind identifiziert. Am Freitag werden die Leichname nach Belgien überführt.
Nach dem Busunglück bei Sierre VS mit 28 Toten hat Belgien für den Freitag Staatstrauer ausgerufen. Um 11 Uhr soll das Land in einer Schweigeminute der 22 toten Kinder und sechs toten Erwachsenen gedenken. Ihre Särge werden am Freitag in die Heimat geflogen.
Alle Opfer konnten bis am Donnerstagabend formell identifiziert werden. Spezialisten aus der Schweiz und Belgien hatten ohne Unterbruch daran gearbeitet, die Identifizierung der getöteten Kinder möglichst schnell abzuschliessen. Dies sagte die Walliser Polizei am Donnerstagabend vor rund 140 Journalisten an einer Medienkonferenz im Unfalltunnel.
Drei Kinder in kritischem Zustand
Belgien bot drei Flugzeuge auf, die noch am Donnerstagabend in Sion landen. Sie sollen die ersten Todesopfer des Busunglücks am Freitag nach Belgien zurückfliegen. Der zuständige Staatsanwalt wird die Leichen so schnell als möglich frei geben. Am Donnerstagabend durften die Maschinen wegen der Dunkelheit nicht mehr starten.
Drei der insgesamt 24 verletzten Kinder befinden sich zurzeit immer noch in einem kritischen Zustand. Sie werden im Lausanner Universitätsspital behandelt.
Acht Kinder konnten bereits am Donnerstag das Spital verlassen. Es handelt sich dabei um sechs Kinder aus dem Spital Visp und zwei aus Sion. Bevor sie jedoch am Donnerstag zurück in ihre Heimat flogen, wollten sie ihre verletzten Kameraden im Spital Sion besuchen.
Laut Florence Renggli, Mediensprecherin vom Spital Wallis, wurden über 50 Operationen an 16 Kindern durchgeführt. Insgesamt waren für die Betreuung der Kinder in den Spitälern im Wallis rund 150 Personen aufgeboten worden.
Eltern haben Kinder identifiziert
Einige Angehörige der Unfallopfer besuchten am Donnerstagmorgen den Unfalltunnel bei Sierre. Dort legten sie Blumen und Botschaften nieder. Von einer Autobahnbrücke aus filmten sie TV-Teams dabei. Zudem wurden die Familien in die Kapelle des Zentralfriedhofs in Sion geführt, in der die toten Kinder aufgebahrt sind. Die Mütter und Väter mussten ihre Kinder identifizieren.
Sie wurden die ganze Zeit von Polizisten abgeschirmt, wie ein Polizeisprecher sagte. Beim Verlassen des Hotels hielten einige Eltern Blumen und Botschaften in den Händen.
Bereits einen Tag zuvor hatten Bundespräsidentin Eveline Widmer- Schlumpf und der belgische Premierminister Elio Di Rupo einen Kranz niedergelegt.
Staatstrauer in Belgien
In Belgien rief Premier Elio Di Rupo für den Freitag Staatstrauer aus, wie er nach einer Kabinettssitzung in Brüssel mitteilte. Um 11 Uhr soll es im ganzen Land eine Schweigeminute geben. Auf dem Bundeshaus West in Bern und in den Walliser Gemeinden wehen die Flaggen auf Halbmast. Di Rupo verlangte von den Medien, die Privatsphäre der Opfer und der Angehörigen zu respektieren.
Die Walliser Regierungsrätin Esther Waeber-Kalbermatten wies Vorwürfe aus Belgien wegen der späten Benachrichtigung zurück. Die Rettung der Verletzten habe Vorrang gehabt. Zudem habe es Probleme mit der Passagierliste gegeben. Es sei nur eine Liste für alle drei Busse mit den heimreisenden Schulkindern an Bord vorhanden gewesen.
Papst Benedikt XVI. hielt in einem Beileidstelegramm an die belgische Regierung fest, er trauere mit den Hinterbliebenen und bete für sie und die Opfer. Seine Gedanken seien auch bei den Verletzten und den Rettern.
DVD-Wechsel dementiert
Das Rätselraten um die Unfallursache hielt am Donnerstag an. Von offizieller Seite wurden keinerlei Erkenntnisse bekannt, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren.
Medienberichte, wonach der Chauffeur eine DVD gewechselt haben soll, wurden von der belgischen Busvereinigung FBAA und der Unglücksbusbesitzerin Toptours zurückgewiesen. Die höher sitzenden Passagiere hätten keine Sicht auf den Fahrer. Die Walliser Kantonspolizei wies die Meldungen als Spekulation zurück.
Die Behörden gehen bislang von drei Thesen aus: technische Panne, menschliches Versagen oder ein akutes Gesundheitsproblem des Fahrers. Die genaue technische Untersuchung des Buswracks beginnt am Freitag.
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) nimmt zudem die Tunnel- Baunormen unter die Lupe, wie ein Sprecher auf Anfrage der SDA sagte. Bereits am Donnerstag ist eine Arbeitsgruppe aus internen und externen Experten zur ersten Sitzung zusammengetreten. In die Kritik geraten sind die rechtwinkligen Mauern der Nothaltebuchten.
Heimfahrt in den Tod
Bei dem tragischen Busunfall prallte ein Reisecar am Dienstagabend um 21.15 Uhr in in einem Tunnel der A9 bei Sierre in eine Nothaltebucht. 28 Personen wurden getötet und 24 verletzt.
Unter den Toten sind 22 Schülerinnen und Schüler zweier Schulen in den belgischen Städten Lommel und Heverlee sowie alle 6 Erwachsenen an Bord. Die 12-jährigen Kinder waren auf der Rückfahrt aus den Skiferien im Wallis.
Am Mittwochnachmittag waren 116 Angehörige sowie Psychologen und ein Team mit Spezialisten für die Identifizierung der Opfer in die Schweiz geflogen. Auch Vertreter der belgischen Regierung trafen später in Sion ein. Während die Familien noch vor Ort blieben, reisten die Regierungsvertreter noch in der Nacht wieder nach Brüssel. (fum/aeg/sek/rme/sda)
Help-Line für Angehörige
Die Kantonspolizei Wallis hat für die Familien der Verunfallten eine Help-Line eingerichtet.
Die Nummer: 0041 848 112 117