Kinder in die Krippe – und ab in den Ausgang

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LifestyleKinder in die Krippe – und ab in den Ausgang

Für Eltern, die nächstens wieder einmal Zeit zusammen verbringen möchten, gibt es neue Angebote: Kitas, die sich in der Nacht um ihre Kleinen kümmern.

von
F. Burch
J. Bedetti
In der Kinderkrippe mit dem Namen GFZ Kita 10a in Zürich Höngg können Eltern ihre Kinder alle zwei Monate am Freitagabend für die ganze Nacht abgeben. (Symbolbild: Keystone)

In der Kinderkrippe mit dem Namen GFZ Kita 10a in Zürich Höngg können Eltern ihre Kinder alle zwei Monate am Freitagabend für die ganze Nacht abgeben. (Symbolbild: Keystone)

Sei es ein gemeinsamer Ausgang, ein Abend, an welchem beide arbeiten müssen, der Wunsch, am Samstagmorgen wieder einmal ausschlafen zu können oder einfach der Genuss von Zweisamkeit: Es gibt viele Gründe, für Eltern, ihre Kinder eine ganze Nacht lang betreuen zu lassen. Genau dies ist denn auch ein immer grösseres Bedürfnis. Nun bietet eine Kindertagesstätte in Zürich Höngg deshalb neu eine Rundumbetreuung für Kinder vom Freitagabend bis am Samstagmorgen an.

Betrieben wird die Kita mit dem Namen GFZ Kita 10a vom Gemeinnützigen Frauenverein Zürich (GFZ). Der GFZ betreibt elf Kindertagesstätten im Raum Zürich, in welchen rund 1000 Kinder betreut werden. Bettina Güntert, Leiterin des entsprechendes Kita-Verbundes, betont, es handle sich um kein ständiges Angebot, es gebe es jeden zweiten Monat. Inbegriffen sind Essen, ein Abendprogramm, die Begleitung in den Schlaf sowie Personal, das die ganze Nacht «Wache hält». Die Programme sind jeweils themenbezogen, es können Märchenabende, ein Grillplausch oder eine Kinderdisco sein. Laut Güntert übernachten die Kinder gerne in der Kita, da sie die Betreuerinnen, den Ort und auch die anderen Kinder bereits aus der Tagesbetreuung unter der Woche kennen. Der Dienst kostet 90 Franken. Zwischen 9 und 10 Uhr am Samstagmorgen holen die Eltern ihre Schützlinge wieder ab.

Der Wunsch der Städter nach Kinderhotels

«Die Eltern kommen querbeet aus allen Schichten», sagt Güntert. Ein gemeinsamer Nenner sei, dass es alles Städter sind. In der Stadt kenne man die Nachbarn tendenziell schlechter als auf dem Land; auch komme es vor, dass die Grosseltern noch arbeiten. Dies seien Mitgründe, warum es eine steigende Nachfrage nach «Kinderhotels» gebe. Im Zürcher Niederdorf gibt es ein solches bereits seit fünf Jahren, nun kommt Zürich Höngg dazu.

Andreas Graf von der Kita Playground im Zürcher Kreis 4 bestätigt den Trend: «Unsere Klientel besteht aus vielen Freischaffenden und Künstlern.» Diesen Leuten sei Flexibilität sehr wichtig. Wir planen ab Sommer betreute Wochenenden zu veranstalten. Viermal im Jahr sollen solche durchgeführt werden. «Die Nachfrage unserer Eltern, vielleicht auch mal ein Weekend in Paris zu verbringen, ist da.»

Zudem fasst Graf eine Kooperation mit Spitälern ins Auge. Bei Ärzten, Pflegepersonal, aber auch Polizisten oder Industrieleuten bestehe der Wunsch nach Nachtangeboten. «Wir glauben, das Bedürfnis nach 24-Stunden-Betreuung wird wachsen», ist Graf überzeugt.

Die Kinder während dem Restaurant-Besuch betreuen lassen

Bei der Kita Keiki in Zürich West ist Ähnliches in Planung. «Wir sind mit einem benachbarten Restaurant im Gespräch, um einmal im Monat einen Abend- oder Nachtdienst für Restaurantgäste anbieten zu können», so Geschäftsleiterin Fränzi Galo. Matthias Schulze von der Krippe Zwergenburg im Kreis 5 hat ab und zu eine Anfrage von urbanen Eltern, die ihre Kinder gerne die ganze Nacht abgeben wollen. Es seien Leute, die noch nicht lange in Zürich wohnten. Allerdings empfehle er, einen Babysitter zu suchen.

In der Stadt Genf gibt es Bestrebungen, die in die selbe Richtung gehen wie in Zürich: Die städtische Kinderdelegation hat im Jahr 2008 bei verschiedenen Eltern das Bedürfnis für eine Nachtkrippe ausgelotet. «Es hat sich herausgestellt, dass die Nachfrage zwar nicht riesig ist, aber doch einige Eltern davon Gebrauch machen würden», sagt Francine Koch, Leiterin der Kinderdelegation. Man hat also beschlossen, die Sache an die Hand zu nehmen und prüft derzeit die verschiedenen Optionen. Wann die erste Nachtkrippe eingeweiht werde, könne noch nicht gesagt werden, so Koch.

In der «Restschweiz» noch kein Thema

Während in Zürich und Genf die Nachfrage nach Nacht-Kitas besteht, gibt es in anderen Städten keine Angebote für Eltern, die sich eine Auszeit gönnen wollen. Hingegen bestehen solche für Eltern, die im Schichtbetrieb arbeiten. Einige Kitas stellten den Nachtbetrieb jedoch wieder ein, weil die Nachfrage zu klein war.

Talin Stoffel, Geschäftsführerin des Schweizerischen Krippenverbandes, ist kritisch gegenüber den neuen Angeboten. «Es gab schon verschiedene Versuche, sie scheiterten.» In Umfragen fänden Nachtbetreuung alle Eltern super, in der Praxis dann bestehe die Nachfrage aber nicht.

Mitarbeit: fum

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