Fahndung erfolgreichTaxi-Mörder beim Fussballschauen gefasst
Vier Tage und Nächte lang herrschte Angst am Bodensee - jetzt atmen die Menschen auf: Der mutmassliche Taxi-Mörder ist hinter Schloss und Riegel. Doch viele Fragen sind noch ungeklärt.

Andrej Welz ist laut Fahndungsprofil 180 Zentimeter gross, sehr schlank, hat eine auffallend helle Hautfarbe, kurze dunkelblonde Haare, spricht Deutsch mit Akzent und hat ein osteuropäisches Erscheinungsbild. (Polizeidirektion Konstanz)
Es stand 3:0 für Deutschland, als die Polizei die Gartenlaube stürmte: Der mutmassliche Taxi-Mörder vom Bodensee sass in Senftenberg (Brandenburg) vor dem Fernseher und liess sich widerstandslos festnehmen.
«Er war völlig überrascht», sagte am Montag ein Polizeisprecher in Friedrichshafen. Der mit Haftbefehl gesuchte 28-Jährige hatte bei Verwandten Unterschlupf gefunden. Ein Tipp von seinen Bekannten brachte die Fahnder auf die richtige Spur.
Der gebürtige Russe soll am vergangenen Mittwoch in Hagnau bei Meersburg eine 32 Jahre alte Taxifahrerin erstochen und zuvor in Singen eine 44-jährige Taxifahrerin schwer verletzt und vergewaltigt haben. Am Montag sollte er dem Haftrichter in Konstanz vorgeführt werden. Einzelheiten wollen die Ermittler am Dienstag bekanntgeben.
Erleichterung in der Taxibranche
Am Bodensee herrscht Erleichterung - vor allem in der Taxibranche. «Gott sei Dank, wir sind schon froh. Aber man denkt ja trotzdem an die beiden Frauen», sagte eine Mitarbeiterin eines Taxiunternehmens.
Im Touristenort Hagnau war die Stimmung seit dem Verbrechen gedrückt; der Täter hatte direkt neben dem Campingplatz zugeschlagen. Dort verhielten sich die Feriengäste in den vergangenen Tagen vor allem abends besonders vorsichtig.
Beim ältesten Taxibetrieb in Konstanz dankte man vor allem der Polizei für die «Super-Arbeit». Die einzige Fahrerin des Betriebs fuhr seit dem Mord nur Stammkunden. Für die beiden kleinen Kinder der Ermordeten wird dort wie auch in anderen Taxiunternehmen Geld gesammelt.
Täter war der Polizei bekannt
Der Tatverdächtige lebte bis etwa 2007 in Senftenberg. In dieser Zeit fiel er mehrfach wegen Eigentumsdelikten auf. Dadurch konnten die Ermittler auf entsprechende Daten bei der Fahndung zurückgreifen. Zuletzt war er laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa in Moskau.
Anfang Juni kam er zurück nach Deutschland, hielt sich am Bodensee und auch in Sachsen auf. Schliesslich verdichteten sich Hinweise, dass der Mann nach Brandenburg zurückgekehrt sein könnte.
Nachdem die Ermittler den Gesuchten am Sonntagnachmittag identifiziert hatten und vor Ort recherchierten, gaben Bekannte des Mannes der Polizei den Hinweis auf seinen Aufenthaltsort in Senftenberg. 20 Minuten vor Ende des Weltmeisterschaftsspiels Deutschland gegen Australien schlugen die Spezialeinsatzkräfte am Sonntagabend zu.
Tatmotiv unklar
Wie der 28-Jährige nach Brandenburg gelangte, ist bislang unklar. Es gibt auch noch keine Hinweise auf sein Motiv. Wegen Gewalt- oder Sexualdelikten war er nicht vorbestraft. Er hatte nach Angaben der Ermittler Kontakte nach Singen und auch nach Friedrichshafen.
Die Sonderkommission «Taxi» hatte seit Mittwoch intensiv nach dem Täter gesucht. Der Durchbruch kam am Sonntag, als die Spurenauswertung deutliche Hinweise auf den 28-Jährigen brachte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Belohnung von 10 000 Euro für entscheidende Hinweise auf den Täter ausgesetzt. (sda)