Immer mehr Kältetote in Europa

Aktualisiert

Im Bann der KälteImmer mehr Kältetote in Europa

Die heftigsten Schneefälle seit fast 30 Jahren haben den Verkehr in Italien komplett zum Erliegen gebracht, im Balkan wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Dutzende Menschen starben in ganz Europa.

Das eisige Winterwetter hat Europa weiter fest im Griff und kostet immer mehr Menschen das Leben. Seit dem Beginn der Kältewelle vor gut einer Woche starben europaweit über 250 Menschen wegen der Kälte - fast die Hälfte davon in der Ukraine.

Das ukrainische Katastrophenschutzministerium teilte am Samstag mit, in den vergangenen acht Tagen seien 122 Kältetote registriert worden. Bei 78 von ihnen handle es sich um Obdachlose, 32 weitere Menschen erfroren in ihren eigenen vier Wänden und 12 Kältetote waren in Spitälern zu beklagen.

Mehr als 2000 Patienten wurden wegen Erfrierungen behandelt. Landesweit wurden 3170 Rettungsposten eingerichtet, wo Bedürftige etwas Warmes zu essen bekommen.

In Polen erfroren erneut sieben Menschen, wie das Innenministerium mitteilte. Damit stieg dort die Zahl der Kältetoten seit Beginn der Frostwelle auf 45. Hinzu kommen sechs Opfer, die an Kohlenmonoxidvergiftungen starben. Zudem kamen vier Obdachlose bei Bränden ums Leben.

In Rumänien erfroren laut Regierung binnen 24 Stunden weitere vier Menschen - seit Beginn des extremen Frosts vor einer Woche waren es damit 28.

Tote auch in Westeuropa

In Italien kamen mindestens acht Menschen wegen durch Kälte und Schnee ums Leben. So wurde ein Mann unweit der Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila in seinem vom Schnee blockierten Auto tot aufgefunden.

In Avellino bei Neapel kam eine Frau ums Leben, als ein Treibhaus unter dem Gewicht von Schneemassen zusammenbrach. In Frosinone südlich von Rom stürzte ein Lager für Landwirtschaftsprodukte stürzte unter dem Druck des Schnees ein und erdrückte einen Mann. Ausserdem kamen drei Obdachlose ums Leben.

In Frankreich wurden zwei Alzheimer-Patienten, die ihre Seniorenheime verlassen hatten, erfroren aufgefunden.

Ausnahmezustand in Serbien, Bosnien und Kroatien

In Serbien wurde bereits in fast 30 Gemeinden der Ausnahmezustand ausgerufen. Alle Grund- und Mittelschulen sowie Kindergärten sollen in dieser Woche geschlossen bleiben. Weil die Hauptstadt Belgrad im Verkehrschaos versinkt, rief die Regierung alle Bürger zur Hilfe auf.

In Montenegro schloss Schnee etwa 90 Menschen 24 Stunden lang in einem Strassentunnel ein. Erst am Samstagmittag konnten die Behörden in der Hauptstadt Podgorica die Befreiung der Betroffenen melden. In einer Schneelawine kam ein Mann in seinem Fahrzeug ums Leben.

Auch in Bosnien fielen ungewöhnlich grosse Mengen Schnee. In der Hauptstadt Sarajevo wurde der Notstand ausgerufen. Die meisten Bewohner konnten ihre Häuser nicht verlassen, die öffentlichen Verkehrsmittel stellten ihren Betrieb ein.

Nach der Kältewelle mit 30 Zentimetern Schnee an der südlichen kroatischen Adria wurde in Dalmatien der Notstand ausgerufen, wie das staatliche Fernsehen in Zagreb berichtete. In der grössten Hafenstadt Split brach der Verkehr zusammen.

Fährunfall in Italien

In Italien führte ein Wintersturm nördlich von Rom zu einem Fährunfall. Ein Schiff, das mit mehr als 300 Menschen an Bord aus dem Hafen von Civitavecchia auslaufen wollte, wurde an ein Dock gedrückt. Verletzt wurde niemand, die Küstenwache holte alle Passagiere von dem beschädigten Schiff.

Wegen des heftigen Schnees kam es zu Stromausfällen in mehreren Teilen des Landes. Mindestens 160'000 Menschen mussten in Mittel- und Süditalien ohne Strom ausharren. In Rom lösten die stärksten Schneefälle seit mehr als 25 Jahren ein Verkehrschaos aus.

Probleme auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz kämpften die Bahnen und die Autofahrer gegen Temperaturen von bis zu 20 Grad unter Null im Flachland. An mehreren Orten kam es wegen Störungen der Gleisanlagen zu Verspätungen im Bahnverkehr.

Und beim Autopannendienst des TCS Schweiz riefen am Samstag bis zum Nachmittag über 8000 Autofahrer und Autofahrerinnen wegen Problemen auf der Strasse an - gemäss TCS ein Rekord. (sda)

Fähre rammt im Schneesturm Hafendamm

Ein italienisches Fährschiff hat in der Nacht zum Samstag in Civitavecchia einen Hafendamm gerammt und ist dabei schwer beschädigt worden. Das Schiff mit mehr als 300 Passagieren und Besatzung an Bord wurde evakuiert, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Alle seien in Sicherheit. Vermutlich habe der Schneesturm die Fähre beim Auslaufen für eine Überfahrt nach Olbia auf Sardinien gegen den Damm gedrückt. Oberhalb der Wasserlinie habe der Aufprall einen etwa 30 Meter langen Riss hinterlassen.

«Es hat einen Krach gegeben, wir haben grosse Angst gehabt», berichteten Passagiere - von denen manche an die Havarie der «Costa Concordia» vor drei Wochen vor der Insel Giglio dachten. Civitavecchia liegt nordwestlich der Hauptstadt Rom, die von der durchziehenden Schnee- und Eisfront ungewöhnlich stark betroffen ist. (SDA)

Deine Meinung zählt